Kôji Suzuki

The Ring

Heyne  Allgemeine Reihe

www.heyne.de

Softcover    2.2003 (Japan 1991)

ISBN     3-453-86679-7

Übersetzung:    Bernhard Liesen, Katrin Marburger (aus dem Amerikanischen!)

Originaltitel:      Ring

302 Seiten 895

Am 5.9.1990 um kurz vor elf Uhr abends ist Tomoko Oishi alleine zuhause, und lernt für die Schule, als plötzlich etwas Grauenvolles geschieht und sie mit schreckensverzerrtem Gesicht an Herzversagen stirbt. Zur gleichen Zeit steht ein Motorradfahrer wartend vor einer roten Ampel und wartet, bis er sich auf einmal nach etwas für andere nicht wahrnehmbarem umdreht und schließlich in Krämpfen geschüttelt tot zusammenbricht. Dem neben ihm mit seinem Auto stehende Taxifahrer bleibt nach einer Schrecksekunde nichts anderes mehr, als in das schreckensverzerrte Gesicht des Fahrers zu blicken. Einen Monat später gönnt sich der Journalist Kazuyuki Asakawa für den Nachhauseweg ungewöhnlicherweise ein Taxi, und der Fahrer erzählt ihm beim Passieren einer Kreuzung von dem damaligen schrecklichen Erlebnis, wobei Kazuyuki auffällt, dass zur gleichen Zeit seine Nichte Tomoko Oishi auf scheinbar unerklärliche Weise gestorben ist. Diese Ungereimtheiten lassen ihn nicht mehr in Ruhe, und er beginnt Nachforschungen anzustellen, bei welchen er weitere Todesfälle aufdeckt. Alle scheinen sich gekannt zu haben, und so geht der Reporter von einem Virus aus, den sich die Gruppe irgendwo in der letzten Zeit geholt haben muss. Wie sich herausstellt, waren alle genau eine Woche vor ihrem Ableben zusammen in einem kleinen Feriendorf im Urlaub. Als er dem ganzen nachgeht, und sich ebenfalls genau in der gleichen Hütte einquartiert, findet Kazuyuki zunächst jedoch nichts verdächtiges, zumal in der Zwischenzeit bereits andere Gäste hier übernachtet haben. Bei der Suche nach etwas, dass die Gruppe anders gemacht haben könnte, stößt er dann in der Verwaltung des Ferienhauses auf ein unbeschriftetes Video, welches er sich auch gleich ansieht. Nach verstörenden Bildern erscheint ein Schriftzug, laut dem jeder, der das Video sieht, nach sieben Tagen sterben muss, es sei denn, er folge den Anweisungen. Leider sind diese nicht mehr auf dem Band enthalten, und so bleibt ein ratloser und auch immer ängstlicher werdender Kazuyuki zurück. Um das Geheimnis aufzuklären, wendet er sich seinen alten Schulfreund Ryuji Takayama, der sich nach dem Ansehen des Bandes bereit erklärt, ihm zu helfen. Doch die Zeit läuft endgültig davon, als auch noch Kazuyukis Sohn das Tape sieht...

Als Kôji Suzuki im Jahre 1991 seinen Roman veröffentlichte, der als The Ring bekannt werden sollte, konnte er sich einen dermaßen großen Erfolg der Idee sicherlich kaum vorstellen. Der in Japan äußerst bekannte, und deshalb auch gerne als „asiatischen Stephen King“ bezeichnete, Schriftsteller von phantastischen Romanen gewann mit seinem ein Jahr zuvor erschienen Buch Rakuen den japanischen Fantasy Novel Award. Kurz zuvor hatte er sein Studium auf der Keio University in Tokio absolviert und wie auch bei seinem amerikanischen Kollegen, musste bis dahin seine Frau für den Lebensunterhalt aufkommen. Der Award wird dann jedoch dem 1957 in Hamamatsu geborenen Suzuki den Bekanntheitsgrad verschafft haben, den es brauchte, um mit seinem neuen Werk wie eine Bombe einzuschlagen. In seiner anfangs ruhigen und fast schon beschaulichen Erzählung fesselt er die Leserschaft bei Ring langsam an die Figuren. Wie auch King versteht er sich dabei auf die Schilderung der Orte, Umgebungen und gute Recherche mit dem Auge fürs Detail. Das Grauen entsteht aus dem Alltäglichen, und lange Zeit scheint es auch etwas Alltägliches zu sein – ein Virus, an dem die realitätsliebende Hauptfigur festhält. Mit akribischer Detektivarbeit wird nach und nach immer mehr vom Geheimnis freigelegt, scheinbar nur, um ein weiteres Rätsel aufzutun. Die eigentliche Gefahr, das eigentliche Monster bleibt stets bedrohlich im Hintergrund – hier hat Suzuki ganz klar aus klassischen Vorbildern gelernt. Leider entsteht durch den nüchternen Schreibstil kaum Spannung, und so muss die Geschichte den Rezipienten selbst voll und ganz fesseln, was ihr zum Glück auf gelingt, das sie wahren Schrecken im Kopf des Lesers entstehen lässt. An manchen Stellen ist das Ende gewisser Handlungsstränge vorhersehbar, doch das ist auf jeden Fall zu verschmerzen. Ein wenig ärgerlich ist hingegen das etwas überstürztes Ende, welches mit einem kleinen Kunstgriff realisiert wird. Versöhnend wirkt schlussendlich die Gesellschaftskritische und teils auch gegen die Macht der Medien gerichtete Quintessenz. Vier Jahre nach der Veröffentlichung des Romans wurde das Buch als Fernsehfilm Ring: Kanzenban sehr nah an der Vorlage, aber wenig spannend, umgesetzt. Deshalb wurde die Story als Ringu (Ring – das Original) noch mal fürs Kino realisiert, wobei es einige Änderungen gab. Die Hauptfigur, der männliche Journalist Kazuyuki Asakawa wurde zur Journalistin Reiko Asakawa, und der ehemalige Schulfreund Ryuji Takayama kurzerhand zum Exmann. Außerdem fehlen einige wichtige Einzelheiten, die im Film höchstens ganz am Rande erwähnt werden, wenn überhaupt. Auch einige hochinteressante Informationen über den „Virus“, beziehungsweise seine Personifizierung, bleiben unverwendet. Dennoch schlug dieser erste Kinofilm an den japanischen Kinokassen ebenfalls ein, wie eine Bombe – hierzulande blieb er ein Geheimtipp für diejenigen, den eine japanische Originalfassung mit englischen Untertiteln keine Angst einjagt. Bekannt wurde der Film außerhalb von Japan, als die Amerikaner wieder einmal auf die glorreiche Idee kamen, einen erfolgreichen Stoff aus anderen Landen zu „amerikanisieren“ (siehe unter anderem Nachtwache und Nikita), damit er für ihre Landsleute auch goutierbar wird, und auch die degenerierte Kino Fast Food Generation den Inhalt versteht. Das die Story noch einige Veränderungen hinnehmen musste, ist klar, doch das Grundgerüst blieb fast unbeschadet. Natürlich gibt es einige inhaltliche Schnitzer, die vor allem nach dem Genuss des Originals, ins Auge fallen, aber dafür bietet das Remake deutlich mehr Pulstreibende Spannung und Schockeffekte.

Hinter dem schlicht, aber adäquat gehaltenen deutschen Cover verbirgt sich leider nicht ganz das, was man sich eigentlich erhoffen würde. Da man im Hause Heyne anscheinend möglichst schnell auf den Zug aufspringen wollte, nachdem man entweder verpennt hatte, dass der amerikanische Film in der Mache ist, oder einfach sicher gehen wollte, dass er ein Erfolg wird, musste schnell eine Übersetzung her. Da anscheinend gerade kein japanischer Dolmetscher greifbar war, es zu lange gedauert oder zu viel gekostet hätte, besann man sich der bereits existierenden amerikanischen Übersetzung.

Diese wurde kurzerhand von Bernhard Liesen und Katrin Marburger ins Deutsche übertragen – zu viele Köche verderben auch hier den, ohnehin schon nicht sehr leckeren, Brei. Was dabei herausgekommen ist, sollte man eigentlich dem Verantwortlichen um die Ohren schlagen. Zum einen liest sich das Ganze, unter anderem durch das ständige aufzählen (und … und … und) sehr holperig und zum anderen hätten die Leser auf einige Wort- und Satzfehler sicher verzichten können. Man ist sich außerdem nicht ganz einig, ob man denn nun die japanische Form der Namen (Nachname, Vorname) oder die europäische (Vorname, Nachname) wählt. Selbst wenn dieser Fehler bereits in der amerikanischen Version enthalten sein sollte, ist dies keine Entschuldigung. Bei einem professionell lektorierten (sollte man zumindest annehmen) Buch sollte das nicht vorkommen. Bereits auf dem Backcover findet sich ein grober Schnitzer, der klar macht, was hier schief läuft, denn dort heißt die kleine Tomoko Oishi auf einmal Satoko!

Die Empfehlung, das Buch im Original zu lesen, fällt leider diesmal etwas schwer, denn wer ist schon des japanischen mächtig genug, um das zu können. Ob die amerikanische Veröffentlichung besser ist, sei einmal dahingestellt, doch um besser als diese Kopie der Kopie zu sein, braucht es nicht viel. Das Buch ist auf jeden Fall lesenswert, doch wer sich diese Version zulegt, sollte immer bedenken, dass der Schreibstil des Autors deutlich mehr bietet, als hier zu sehen ist.

Prädikat:       Empfehlenswerte Horror/Thriller Kost, die nicht ohne Grund selbst zu einer Art Virus wurde – leider in keiner guten Übersetzung !!!

© Heiko Henning

23.6.2004