DIN A4 100 Seiten
Auflage: 666 Exemplare
9.1993 850
ISSN 0934‑330X
Michael
Marrak
Weinbergstraße 25
72667 Schlaitdorf
Diese
Nummer des SF‑Zines Andromeda ist
gleichzeitig der erste Zimmerit –
eine Storyedition. Diese erste Nummer steht unter dem "Motto" Deutschland – im Guten und – vor allem
– im Schlechten. Es gibt sicherlich keinen krampfhaft gehobenen Zeigefinger,
doch an etlichen Enden des momentanen Staates wird kritisiert. Die Aufmachung
(Druck mit Hochglanzcover und Klebebindung) ist sehr gelungen und sauber
ausgeführt. Ebenso stilvoll ist auch das Layout, an dem es nur Kleinigkeiten –
wenn überhaupt – zu bemäkeln gibt. Die enthaltenen Zeichnungen sind äußerst
professionell und passen sehr gut in die Thematik.
Reise in den Krieg von Joachim Stahl stimmt
bereits zu Anfang einen recht pessimistischen Grundtenor an, doch dieser ist
anläßlich der Naziwellen angebracht – eine passende Zukunftvision für alle
zurückgebliebenen Vaterlandstreuen. Niemandshasen
führen die Richtung noch etwas feinfühliger und untergründiger aus, denn Christine Richter legt großen Wert auf
die unterschwelligeren – jedoch keinesfalls weniger prägnanten – Aussagen. Michael Marrak zieht mit seinem Die Epigonen von Ekron einen noch
weiteren Kreis und beschreibt in seiner Endzeitgeschichte die Computer als
totalitäres System, wie es die Nazis in gewisser Weise auch waren, was sich
anfangs etwas schwierig, dann jedoch sehr fesselnd liest. Der lange Abschied von Achim
Mehnert zeigt erstaunlich gut die Ausweglosigkeit der Drogenabhängikeit,
wobei der krasse, recht realitätsverbundene Stil das Ganze noch härter
erscheinen läßt. Andreas Findig begibt
sich derweil auf eine etwas spekulative Ebene und läßt Bismarck im Kino als Geist auftreten – sicherlich
gewagtes Experiment, doch die Aussage und das Ergebnis überzeugen. Die Zukunft beginnt im Kopf – der
Meinung ist zumindest Arno Behrend und
mit seiner ironischen Alternativwelt Geschichte gibt er diesem Ausspruch eine
völlig neue Bedeutung. Eine volle Breitseite von Pessimismus gibt es von Jutta Haitel mit ihrer Kurzgeschichte Spaziergang, denn in dieser gut
geschilderten Erzählung findet man allen Haß, welcher der Gleichgültigkeit
gegenüber alle menschlichen Problemen dieser Welt entgegengebracht wird. Die
Heimat‑kritischen Gedichte von Walle
Sayer verpassen dem lesenden Publikum dann einen nicht so starken Dämpfer –
und doch regen seine Lyriken zum angestrengten Nachdenken an, welches
unweigerlich zum Schluß führt, daß irgend etwas nicht richtig laufen kann. Der Geist des wilden Gesichts ist ebenso
verwirrend wie der Titel vermuten läßt – Michael
Marrak versucht sich hier – recht erfolgreich – an einem kryptischen
Bühnenstück. Die Grenzwacht obliegt Peter Herfurth, welcher auch einmal ein
paar menschliche Züge hinter der Maske von Faschismus und Haß aufzeigt, wenn
diese auch nur recht dünne und spekulativ sind. Nicht ganz Kafkas
Verwandlung entspricht der Protagonist aus Robert Musas gleichnamiger Story – ein Skinhead muß auch recht
drastische Weise erkennen, was es heißt, von anderer Hautfarbe zu sein. Endlich
mal etwas Optimismus bringt Irene
Salzmann mit Ich hab' 'nen Beamten in
den Band – der krönende humoristische Abschluß dieses – doch recht nachdenklich
stimmenden Zines zur Wiedervereinigung und der Deutschlandliebe.
Prädikat: Für alle Lesewütigen ein bunt
gemischter Band – der Pessimismus gegenüber der Deutschlandliebe stimmt
nachdenklich !!!
© Heiko Henning
18.9.1996