Zimmerit      #6

Crypterion

DIN A4 100 Seiten

Auflage:         333 Exemplare

4.1996 1200

ISSN       0946‑5154

Michael Marrak

Weinbergstraße 25

72667  Schlaitdorf

Genau ein Jahr nach der letzten Ausgabe kommt in altbekannter Qualität der nächste Zimmerit. Von dem Layout und der graphischen Gestaltung wieder 1A – die Zeichnungen skurril wie immer. Die Zeichnungen sind teils schon im zweiten Zimmerit (dem Bildband) erschienen, was dem aufmerksamen Leser doch auffällt. Im Gegensatz zu der letzten Nummer sind diesmal keine Artikel oder Berichte enthalten, was dem ursprünglichen Konzept sicher mehr entspricht und auch mehr die Einzigartigkeit dieser Erscheinung.

Die Titelgeschichte von Jörg Dinstühler ist verwirrend geschrieben – Endzeit für Anspruchsvolle. Die Backschisch‑Zone ist einfach als phantastisch zu bezeichnen, wobei der angenehm legere Schreibstil für Malte Schulz‑Sembten eher ungewöhnlich ist. Christian Dörge weiß abermals ein surreales Szenario zu erzeugen – Lichtjahre ist der Einblick in eine wirre Psyche. Den Comic Coitus Interruptus hat Michael Hutter in einem abgedrehten „verzerrten“ Stil gezeichnet und eine nette humorige Pointe angesetzt. Zur selben Zeit an einem anderen Ort… schrieb Michael Marrak den für ihn bekannten Bühnenstil mit einem Déjà Vue versetzt. Gestatten, mein Name ist Wahnsinn – ich weiß Bescheid! erschien bereits in Kranioklast #1, dem eigenen Fanzine von Tuberkel Knuppertz, erschienen – hier zeigt Tuberkel seine Qualitäten bei Prosatexten, wobei er in dem apokalyptischen Text läßt nichts unausgesprochen, was jedoch eindeutig notwendig ist, um den Inhalt zu verdeutlichen. Bei Blutige Engel bringt Achim Stößer seine Kritik gegenüber sozialen Mißständen und den sogenannten Christen deutlich zum Ausdruck. Der Gesang des Erhabenen ist wieder einmal Geschmackssache, da Oliver Ferreira seinen verzerrten Zeichenstil abermals voll durchzieht – der Comic an sich ist ironisch und entbehrt nicht einem gewissen tieferen Gehalt. Stockton Carter Gala Days ist lediglich als unterhaltend zu bezeichnen, da F. M. Hellström die Geschichte in wirre Züge verpackt. Ebenfalls nicht so begeisternd ist Craniopagus von Michael Marrak. Bei Neues aus dem Irrhain zieht er dann wenigstens seinen verwirrenden Stil in einem Bühnenstück durch, doch berauschend ist auch dieser Text nicht. Zwiebeln und Dämonen ist hingegen eine nett zu lesende Parabel zur menschlichen Welt von Jörg Dinstühler. Mondblödchen und Krieg kann als eine hochtrabende Wortspielerei angesehen werden – eher für Intellektuelle. Optisch zu begeistern weiß Der Sprayer und sein Sohn – die nackten Tatsachen werden auf jeden Fall zumindest den männlichen Lesern gefallen, aber auch die Pointe von Michael Hutters Comic weiß zu überzeugen. Tuberkels zweiter Beitrag Feuerwerksstimmung ist ebenfalls schon erschienen (Inside #5) – eine seiner üblichen lyrischen Ausbrüche, bei denen nur noch die Unverständnis die Hoffnungslosigkeit übertönt. Die gemischten Lyriken Maximum Compositum reichen von apokalyptisch bis hin zu verstörend. Ebenfalls recht kryptisch ist Ozymandias im Staub, in welcher Christian Dörge seinen Werdegang als Dichter nachvollzieht. Der transfinite Wartesaal definiert den Wahn, welchen Jürgen Thomann anscheinend mit Beamten verbindet. Der Fluch des plastikgehörnten Teufels hat eine lustige Idee zugrunde liegen und bildet einen humorigen Schluß des Zines.

Prädikat:           Eine bunte Mischung von Texten verschiedenster Machart, so daß für jeden etwas dabei sein sollte !!!

© Heiko Henning

25.5.1997