Evil

Bild

Originaltitel: Ondskan Alternativtitel: Evil
Darsteller: Andreas Wilson (Erik Ponti), Henrik Lundström (Pierre Tanguy), Gustaf Skarsgård (Otto Silverhielm), Linda Zilliacus (Marja), Jesper Salén (Dahlén), Filip Berg (Johan), Fredrik af Trampe (von Schenken), Richard Danielsson (Karlberg), Martin Svane (Leffler), Rustan Blomqvist (Bergvall), Peter Eggers (von Rosen), Per Westergren (Lewenheusen), Henrik Linnros (Beijer), Theodor Hoffsten (Lagerros), Sanna Mari Patjas als Sannamari Patjas (Stina), Johan Rabaeus (Eriks Stiefvater), Marie Richardson (Eriks Mutter), Magnus Roosmann (Tosse Berg), Ulf Friberg (Tranströmer), Mats Bergman (Melander), Lennart Hjulström (Headmaster Lindblad), Kjell Bergqvist (Ekengren), Björn Granath (Direktor), Petter Darin (von Seth -uncredited), Christian Hollbrink (Dinkelspiel -uncredited), Adam Pålsson (Bit part -uncredited), Mårten Backman (Extra -uncredited), Gabriel Dahlander (Extra -uncredited), Anders Eriksson (Extra -uncredited), Joa Helgesson (Extra -uncredited), Bengt-Inge Hertzman (Extra -uncredited), Åke Kinberg (Extra -uncredited), Bosse Nyrenström (Extra -uncredited), Hans Rinning (Extra -uncredited), Christina Rothlin Löfqvist (Extra -uncredited), Therese Rydnemalm (Extra -uncredited), Gene Zider (Extra -uncredited)
Produktionsfirma: Moviola, Nordisk Film Och TV4
Produktion: Hans Lönnerheden, Ingemar Leijonborg
Regie: Mikael Håfström
Drehbuch: Mikael Håfström, Hans Gunnarsson, Klas Östergren (uncredited) Vorlage: Roman „Ondskan“ von Jan Guillou
Kamera: Peter Mokrosinski
Musik: Francis Shaw
Schnitt: Darek Hodor
Verleih: e-m-s
Erstaufführung: 14.10.2004 e-m-s 12.5.2005 Schweden 2003
108:44 Minuten (+ Zusatzmaterial: DVD1: Deutscher Originaltrailer 2:14; Darstellerprofile: Andreas Wilson 6 Seiten, Gustaf Skarsgård 8 Seiten, Mikael Håfström 6 Seiten; Die Suche nach dem Hauptdarsteller 2 Seiten; DVD2: Entfallene Szenen: Erik & Marja 1:18, Erik & Tanguy in der Umkleide 0:38, Auf dem Zimmer 1:45; Making Of „Evil“ 23:39; Interview mit Autor Jan Guillou 35:10; Internationales Artworkmaterial 1:29; Trailer: Deutscher Originaltrailer 2:00, Schwedischer Originaltrailer 2:00) 22 Kapitel
Widescreen 1,85:1 anamorph
Deutsch Dolby Digital 5.1, Schwedisch Dolby Digital 5.1, Deutsch DTS; Untertitel: deutsch
Ländercode: 2 DVD-9/DVD-5 FSK 12


Inhalt:
Der Vater von Erik Ponti ist gestorben, als dieser noch jung war – sein Stiefvater hat derweil eine offensichtliche Freude daran, den Jungen bei jeder Kleinigkeit brutal zu züchtigen. Das führt zu einer Spirale der Gewalt, durch welche Erik selbst Gewalt auf seine Umwelt – in diesem Fall seine Mitschüler – ausübt, was zum Rausschmiss aus seiner Schule führt. Da sein Rektor ihn zudem auch noch allen Rektoren der anderen Schulen als das personifizierte Böse beschreibt, hat er auch keine Möglichkeit, dort sein letztes Jahr vor dem Abitur zu absolvieren. Deshalb verkauft seine Mutter einige Wertgegenstände, damit er auf das Elite Internat Stjärnsberg gehen kann, wo die Schüler für die Ordnung sorgen: Kameradschaftsgeist wird das offiziell genannt – ein elitärer Mikrokosmos der Gewalt. Es gibt eine klare Hackordnung und die Primaner, die den so genannten Rat stellen, kosten ihre Macht voll aus, indem sie alle „niederen“ Schüler tyrannisieren. Erik kann es sich nicht leisten, zuzuschlagen, da er sonst vom Internat fliegt, doch demütigen lässt er sich auch nicht, was zu massiven Problemen führt. Derweil lernt er, zum ersten Mal in seinem Leben, so etwas wie Freundschaft und sogar Liebe kennen, was ihm zeigt, dass dieser friedvolle Widerstand der richtige Weg ist. Immer weiter und härter werden die Auseinandersetzungen, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis Erik nicht mehr gegen den Drang ankämpfen kann, sich zu wehren…

Meinung:
Schaut man sich die Story an, wirkt diese im ersten Moment grob wie einige andere sozialkritische Dramen aus aller Herren Länder. Das Ganze sieht jedoch ganz anders aus, wenn sich der Rezipient vor Augen führt, dass die Geschichte auf einer „wahren Begebenheit“, wie es immer so schön heißt, beruht. Noch intensiver wird es, wenn man erfährt, dass der Film auf einem Buch beruht, in welchem der Autor von seiner eigenen Kindheit berichtet. Jan Guillou schildert in Ondskan seine Jugend, in welcher er von seinem Vater misshandelt wurde, und auch bei seiner Mutter keinen emotionalen Halt fand. Ohne dafür Ausflüchte zu suchen, erzählt der Autor, wie er dadurch selbst zu einem Gewalt ausübenden Heranwachsenden wurde. Unverblümt beschreibt er die Faszination und das Machtgefühl, welches von der ausgelebten Aggression ausgeht. Die darauf folgende Zeit im Internat, welches in der Realität Solbacka hieß, eröffnet dann den krassen Zwiespalt in dem er stand – zwischen der bekannten, berauschenden Gewalt und seiner eigenen Zukunft, die er sich durch deren Ausübung komplett verbauen würde. Trotz der Tatsache, dass Guillou dieses Buch erst zehn Jahre nach seinem Erstlingswerk schrieb, geht keinerlei Intensität verloren. Zwar konnte er Solbacka mit Hilfe der Presse ein Ende setzen, vergessen konnte er die Torturen trotzdem nicht. Man merkt sehr deutlich, wie sehr er jahrelang unter dem damaligen Terror gelitten hat, bis er sich den Horror mit diesem Buch von der Seele schrieb. Das Buch ist seither das meistgelesene in Schweden und Bestandteil von so machen Unterrichtseinheiten an Schulen. Weitere 20 Jahre gingen dann ins Land, bis endlich die geplante Verfilmung Formen annahm – jeder erneute Versuch, das Geschriebene auf die Leinwand zu bringen scheiterte, und so blieb ein Theaterstück die einzige alternative Umsetzung. Der Regisseur Mikael Håfström wollte den Stoff zunächst als TV Serie realisieren, doch auch dieser Versuch scheiterte. Die schließendliche Realisierung kam für den Autor eher überraschend – erst als er sich plötzlich auf dem Dreh wieder fand und tatsächlich die ersten Szenen im Kasten waren, konnte er glauben, dass es diesmal wirklich losging. Weniger überraschend war sicherlich der große Erfolg, welcher nicht nur Mikael Håfström zum internationalen Durchbruch mit einen Vertrag vom Filmstudio Miramax über zwei zukünftige Filme verhalf, sondern auch in der Kategorie Drama eine Nominierung zum Oscar einbrachte. Zum einen würden sich ohnehin die meisten Leser des Buches auch den Film ansehen, und zum anderen war die Auswahl der Schauspieler von vornherein so gut, dass selbst der Autor mit der Verkörperung seiner Vergangenheit zufrieden war. Das ist nicht zuletzt auf die berauschende Leistung beim Leinwanddebüt des Hauptdarstellers Andreas Wilson zurückzuführen, der den Erik Ponti in dessen Zwiespältigkeit mehr als überzeugend verkörpert. Dabei liefert er mit seiner emotionalen Energie und physischen Präsenz eine beachtliche Leistung ab, und lässt die Kollegen mit langjähriger Erfahrung weit hinter sich. Für diese beachtliche Leistung wurde Wilson vom schwedischen Film Institut zum European Shooting Star 2004 gekürt. Demgegenüber verblasst die Leistung des erfahrenen Henrik Lundström (Mein Bruder, Zusammen!) in der Rolle des zurückhaltenden Pierre Tanguy fast schon, obwohl die Rolle recht plastisch ausgefüllt und mit der nötigen Tragik ausgestattet wird. Besser sieht es da schon für Gustaf Skarsgård (Invisible – Gefangen im Jenseits, Im Wettlauf mit dem Tod) aus, der in der Rolle des äußerst sadistischen Otto Silverhielm den sehr markanten Gegenpart zu Wilson darstellt. Bei Johan Rabaeus (Die Treulosen, Kommisar Beck – Auge um Auge, Die Jönssonbande: Charles Ingvars neuer Plan) als Eriks Stiefvater sieht man dann den Unterschied zu dessen routinierten Spiel. Andreas Wilson kann die Emotionen scheinbar locker aus dem Ärmel schütteln, während es bei dem langjährigen Kollegen, der bereits in über fünfzig Filmen dabei war, nach Arbeit aussieht – obwohl auch zu sehen ist, dass Rabaeus diese Arbeit Spass macht. Marie Richardson (Der Mann der lächelte, Morgengrauen, The third wave – die Verwörung) in der Rolle von Eriks Mutter wie auch Linda Zilliacus (Spy Games – Agenten der Nacht), die in einer Nebenrolle Eriks Herzensdame Marja spielt, wirken ein wenig schwach beleuchtet, was allerdings ganz klar am Drehbuch liegt, welches ihnen keine größere Rolle zuteilt. Einen wesentlich größeren Raum nimmt hingegen die Gewalt ein, und das obwohl die Ausübung der Brutalität nur in wenigen Szenen gezeigt wird. In diesen Szenen wirkt das Gesehene jedoch sehr drastisch, gerade weil die Kamera so geschickt geführt wird und nur selten Close Ups gemacht werden, was das meiste der Fantasie des Zuschauers überlässt. Wie in wenigen anderen Filmen auch, ist diese Gewalt essentiell und absolut notwendig, weshalb die Einstufung als FSK 12 auch ausnahmsweise mal logisch erscheint. Es macht nicht im eigentlichen Sinne Spaß, sich die Gewalt anzusehen, da diese realistisch dargestellt ist und der Zuschauer auf diese Weise sehr klar vor Augen geführt bekommt, was ausgeübte Gewalt wirklich heißt. Die perfide Spirale aus Angst und daraus resultierender Gewalt ist stets präsent, und mit ihr auch die Frage, ob es überhaupt möglich ist, in einem brutalen System nicht selbst zur Gewalttätigkeit gezwungen zu sein. Auf der anderen Seite zeigt sich auch sehr deutlich, dass dem Menschen Boshaftigkeit nicht in die Wiege gelegt ist, sondern meist durch Missbrauch oder schlechtes Umfeld entsteht. Erik übt die Gewalt nur aus, weil er es durch seinen Stiefvater nicht anders kennt, und wird so zum Schinder von anderen. Hinzu kommt noch das faschistische Machtausübungssystem – welches die dunkle Seite der menschlichen Natur offenbart – am Internat, welches die Würde des Menschen ähnlich mit Füßen tritt. Zwischenzeitlich wünscht man sich sogar regelrecht einen Gewaltausbruch von Erik, damit das System bestraft wird. Auch die mütterliche Rolle kann hier keinen entsprechenden Halt geben, da diese der Gewalt nichts entgegenzusetzen hat, sondern komplett vor der Situation kapituliert und ihre Augen verschließt. Beispielsweise an dieser Stelle weicht der Film von der tatsächlichen Geschichte ab, da die Mutter im wahren Leben nicht nur hilflos, sondern auch ein Teil des Systems war. Ansonsten wurden lediglich die Namen der Personen geändert, und ein paar Feinheiten wie die Figur der Marja, die in einen anderen Kontext gesetzt wurde. Der Rest entspricht der damaligen Realität, was sehr erschreckend ist. Das alles in den fünfziger Jahren spielt fällt schnell nicht mehr ins Gewicht, und ist dann schnell zeitlich universell übertragbar. Der Score hält sich bei Evil zurück, und mit geschickt platzierten klassischen Tönen werden vor allem die Szenen mit größeren Gefühlsregungen unterlegt.

Ausstattung:
Die sehr lohnenswerte 2 DVD Special Edition aus dem Hause e-m-s bietet ein sehr schönes Bild mit satten, natürlichen Farben. Der klar definierte Kontrast und die recht gute Bildschärfe hinterlassen mit wenig Hintergrundrauschen einen guten Gesamteindruck. Analoge Defekte gibt es nicht zu sehen, und so gibt es schlussendlich zwar keine Referenzwerte, aber doch eine sehr saubere Leistung zu sehen.
Der Ton bietet eine Auswahl von drei Spuren, die allesamt sehr gut sind, weshalb der Zuschauer frei nach Vorliebe entscheiden kann. Die deutsche Synchronisation ist sehr gut und die beiden entsprechenden Spuren erfreulich rauschfrei, was den Wechsel auf das Original unnötig macht. Da es sich um ein Drama handelt, gibt es bei direktionalen Effekten natürlich nicht wirklich viel zu hören, und das meiste spielt sich in der Front ab – wer die Möglichkeit hat sollte allerdings die deutsche DTS Spur anwählen, da diese kompletter und plastischer wirkt.
Bei den Extras gibt es einiges zu sichten – bereits auf der ersten DVD sind neben dem Deutschen Originaltrailer noch Darstellerprofile in Textform von Andreas Wilson, Gustaf Skarsgård und Mikael Håfström sowie „Die Suche nach dem Hauptdarsteller“ enthalten, bei der geschildert wird, auf welche spektakuläre Weise dieser gefunden wurde. Die zweite Scheibe enthält das eigentliche Zusatzmaterial: in den Entfallenen Szenen werden bestimmte Bestandteile des Films mit interessanten Details erweitert, die sehr nette Hintergrundinformationen liefern. Natürlich gibt es auch ein Making Of „Evil“, in welchem vor allem der Background der Geschichte beleuchtet wird – leider wurden an dieser Stelle etliche Momente des ebenfalls enthaltenen Interviews eingefügt, was irgendwie doppelt gemoppelt erscheint. Dieses Interview mit Autor Jan Guillou, am 11.11.2002 in Das Filmhaus geführt, bietet nämlich schon für sich gesehen einen essentiellen Blick auf die wahre Story, die hinter allem steht. Abschließend bekommt der Rezipient noch Internationales Artworkmaterial und Deutschen und Schwedischen Originaltrailer zu sehen.

Fazit:
Unglaublich mitreißender und schockierender Trip auf die andere Seite der menschlichen Natur !!!

© Heiko Henning
27.6.2005


Infos beim Vertrieb/Verlag:
http://www.e-m-s.de/dvd.php?name=115772 (externer Link!)




Letzte Aktualisierung: 14.04.2024, 14:42 Uhr
(c) Twilightmag 2024
Version: 5.5