Ingvar Ambjørnsen

Schwarze Mutter

Eiswasser Verlag

Reiwerts & Sagurna GbR

Waldkauzstrasse     1

49377 Vechta

http://www.eiwasser.de

riewerts@t-online.de

Taschenbuch mit Schutzumschlag 5.1999 (Norwegen 1994 und 1998)

ISBN 3-924143-32-3

Übersetzung:    Gabriele Haefs

Originaltitel:      Sorte mor

161 Seiten

Die Schädel bieten einen Blick in unausgesprochene Gedanken des Protagonisten, was zunächst etwas schockierend offen wirkt – viel schwieriger ist es für den Lesenden allerdings, herauszufinden, was sich nun in der Realität der Geschichte abspielt, und was lediglich der Vorstellungskraft der Figur entspringt, was die Schreibweise auch nicht unbedingt erleichtert. Graben vermittelt sehr plastisch die Trostlosigkeit der Isolation und den Versuch der Verbindung mit der Außenwelt, den Wunsch nach Geborgenheit. Weg setzt diese Richtung konsequent fort, und schildert das Fortstehlen aus dem eingefahrenen eigenen Leben ins Ungewisse, wobei klar ist, dass es kein Zurück mehr gibt. Revier und Macht sind vielen wichtig, und so muss ein Trunkenbold des Lebens gegen des Tier und seine eigene Angst antreten, um nicht von ihr vernichtet zu werden. Die Schwarze Mutter, die Titelgeschichte und auch längste des Bandes, wird von dem Akteur erschaffen, um nach sich selbst zu suchen, Erinnerungsfetzen nach Erinnerungsfetzen, arbeitet er seine eigene Vergangenheit, so strebt er der Vollendung entgegen. Die Möwe versinnbildlicht sehr gut, wie verschieden die Geschlechter doch sind, und wie aus kleinen Uneinigkeiten ein unfreiwilliger Konflikt entstehen kann. Drei Frauen stellt viele Fragen, bietet dafür kaum Antworten und lässt den Leser tiefsinnig werden, angesichts der Selbsterwählten Einsamkeit in der kalten Großstadt. Muttie fällt ein wenig aus dem Rahmen, da die Geschichte nicht in der Ichform verfasst ist, und einen tragischeren Hintergrund besitzt – allerdings vermittelt sie viel Hoffnung auf einen Morgen nach keinem Gestern. Ein vorsichtiger Junge kann viel näher am Abgrund sein, als es seine Umwelt sehen mag – Ingvar Ambjørnsen schildert glaubhaft aus der Sicht eines Kindes, wie viel Traurigkeit sich in einem jungen Menschen ansammeln kann. Was niemand sagt kann umso mehr jemanden verletzen, denn gerade in Kleinstädten ist das was nur mit vorgehaltener Hand gesprochen wird, schädigender, da es selbst nach Widerlegung immer noch dem Geschädigten anhängt – kein schöner, aber passender Blick hinter die Kulissen der kleingeistigen Kleinstädter. Es regnet schließt den Band nachdenklich ab: der Autor scheint hier bei schlechtem Wetter ein wenig ins Sinnieren gekommen zu sein.

Der kurze wie direkt aus den Gedanken geschriebene Stil von dem Norweger Ingvar Ambjørnsen erscheint zunächst sehr fremd. Auch die Übersetzung seiner Frau, Gabriele Haefs, ändert daran nichts – überträgt die ungewohnte Ausdrucksart adäquat ins Deutsche. Schwarze Mutter ist die erste Novellensammlung des mittlerweile in Hamburg lebenden Norwegers, welche sowohl von Kritikern, als auch der Leserschaft euphorisch angenommen wurde. Zwar spiegelt Ambjørnsen in seinen Erzählungen meist die unglückliche Seite des Lebens wieder, doch diese regt zum Nachdenken an, und auf diese Weise kann sie besser überwunden werden. Nach dem Höhepunkt des Negativen blitzt zudem meist ein kleiner Schimmer der Hoffnung auf eine bessere Zeit auf.

Der Eiswasser Verlag, sonst eher durch die gleichnamige Zeitschrift bekannt, hat diese Kurzgeschichtensammlung sehr schön umgesetzt. Das kleine Hardcover mit Schutzumschlag bräuchte eigentlich nur noch ein Lesebändchen, um als perfekt bezeichnet zu werden. Lediglich bei der Covercollage wollte Wolfgang Küppers etwas viele Motive und Stilrichtungen auf einmal verwenden, was somit etwas uneinheitlich wirkt.

Prädikat:       Meist schwermütige, aber immer äußerst lohnenswerte Kost !!!

© Heiko Henning

2.8.2003