VirPriV
Verlag/Klaus Bielefeld Verlag
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Taschenbuch
9.2000
ISBN 3-9806292-4-4
/ 3-89833-022-2
112
Seiten 1000
Mein Starschnitt, adieu! von Monika-Katharina Böss weist einen recht lockeren und leicht konfusen Stil auf,
was der ohnehin schon dünnen Story nicht gerade gut tut. Der Woodstock-Mann von Vera-Anna
Borkowski ist eher rührselig und kommt mit viel
Herzschmerz daher, was für Leser von Arztromanen sicher sehr lesenswert ist. Aber von Gerald
Brandt stellt mit ausgereiftem Stil und einer
netten Idee den ersten wirklich lohnenswerten Beitrag dar, und lediglich das Finale
wirkt ein wenig offen. Kälte, vom gleichen Autor, ist
vorhersehbar und kann so nicht wirklich überraschen, bietet aber gute Interpretationsmöglichkeiten.
Görlitzer
Bahnhof von Monika Fischer bietet
einen kurzen Abriss aus dem alltäglichen Leben, lässt aber eine strukturierte
Handlung vermissen. Vorsicht, Millennium von Edda Gutsche beschäftigt sich als erste annähernd mit Weihnachten (was
bei dem Anthologietitel schon erstaunlich ist) und hat eine unterhaltsame Idee zugrunde
liegen. Höhere
Gewalt von Markus Kastenholz besitzt
ebenfalls einen guten Grundgedanken, der allerdings leider zu kurz ausformuliert
wird, und Stoff für mehr bietet. Nocturno, vom gleichen Autor,
zeigt hingegen mit abgehobener Schreibweise, wie gut man selbst mit einer etwas
vorhersehbaren Geschichte unterhalten kann, das entsprechende
schriftstellerische Können vorausgesetzt. Auf geht’s von Boris Koch gibt mit sehr humorvollem Gedankengut Alternativen zur
Bibel, denn Gott ist schließlich auch nur ein Mensch! Begegnung von Hildegard
Kohnen wirkt dagegen mit seinen nachdenklichen
und traurigen Grundgedanken um Unerfülltes fast schon deprimieren, stellt aber
einen guten Gegenpol dar. Der Anfang von Hans Kreiner rechnet ansprechend mit dem allgemeinen kommerziellen Verlagswesen
ab, welches, anstatt Talente zu fördern, lieber auf Skandale setzt, um mehr
Umsatz zu generieren. Die Frau, der Goldfisch und die Ameise von Bernd
Mehrtens enttäuscht hingegen durch
hochgestochenen Schreibstil und mangelnden Inhalt. Die Stiefel von Ruth
Meier hat den Grundsatz „In der Kürze liegt
die Würze“, hat aber leider eine vorhersehbare Pointe. Der Titelgeschichte von Stephan Peters liegt eine witzige Idee zugrunde und bietet einige Punkte,
die nachdenklich stimmen – vor allem zu Weihnachten. Wichtige Termine von Georges
Raillard wirft ein Spiegelbild der ständig hetzenden
Gesellschaft in gewöhnungsbedürftiger Umsetzung. ... und die bösen Wölfe von Anna
Rinn-Schad kann der Traurigkeit des Alltags,
der Tristesse, die sich bereits in kleinen Dingen finden ebenfalls nur
schlechtes abgewinnen, allerdings in besserer Ausdrucksform. Alltag von Helga
Schubert kümmert sich, entgegen dem Titel, um
die Ängste der Frauen, die laut ihr nur durch Schock zu überwinden sind, wobei
ihr Schlussakt weder selbstherrlich noch selbstgerecht wirkt. Horizonte von Eva
Troelenberg versinnbildlicht den menschlichen
Geist auf eindrucksvolle Weise mit landschaftlichen Illustrationen. Grille von Octavio
Escobar Giraldo (Übersetzung: Renato Vecellio) ist eine niedliche Geschichte, welche die Verträumtheit
der Kindheit aufzeigt und das an alltäglichen Kleinigkeiten festmacht. Und die Moral von dem
Gesicht von Peggy Wehmeier bebildert
erstaunlich plastisch das Gefühlsleben einer Alkoholikern, die sich ihrer Lage
nicht bewusst ist, und ihre Umwelt für ihr Elend verantwortlich macht.
Abgerundet
wird diese gemischte Anthologie mit interessanten und informativen
Vorstellungen der Autorinnen und Autoren. Die Gemeinschaftsarbeit vom VirPriV Verlag und dem Klaus Bielefeld Verlag bietet
reichlich Unterhaltung. Leider wirkt die Auswahl der Geschichten zu unsortiert
und unzusammenhängend, was den Genuss zugunsten der Bandbreite schmälert. Monika Wunderlich und Klaus
Bielefeld scheinen einfach vorliegendes
Material genommen und veröffentlicht zu haben, was in dieser Form leider gewisses
Potential verschwendet hat. Thematisch sortiert hätten einige Kurzgeschichten
noch wesentlich besser funktioniert, mal von den ständigen Wechselbädern für
den Leser abgesehen. Die Aufmachung des Bandes ist hingegen angenehm und fällt
sicher in jedem Bücherregal auf – ob man Cher nun mag, oder nicht.
Prädikat: Zu
vielseitige Anthologie mit vielen guten Geschichten !!!
© Heiko Henning
23.7.2003