Egmont
Manga & Anime adult
US
Comic Format 8.2002 (Japan 2001)
Chefredaktion: Georg F. W. Tempel
Übersetzung: Claudia Peter
Lettering: Letterfactory
Text,
Bleistift, Tusche, Farben: Masamune
Shirow
Originaltitel: Man machine Interface 2
308
Seiten 1800
Mitten auf dem Meer wird durch einen weiblichen Späher ein
verdächtiges U-Boot aufgespürt und infiltriert. Die Besatzung scheint im
Zusammenhang mit dem Angriff auf eine neuzeitliche angelegte Schweinezucht zu
tun zu haben. Motoko
Aramaki, eine geheimnisvolle Frau, die einen
fast komplett synthetischen Körper ihr Eigen nennt, untersucht den Fall. Dabei
deckt sie durch herumspringen im Cybernet mit ihren kleinen Hilfsprogramme eine
weitreichende Verschwörung von einer terroristischen Vereinigung auf. Doch was
hat alles mit den Schweinen zu tun, und warum sollte jemand sie für ein
neurales Netz missbrauchen...
Welcher
Mangaka kennt ihn nicht – den ersten Teil von Ghost in the Shell, der hierzulande als Dreiteiler im Hause Ehapa/Feest
erschienen ist? Fast so bekannt wie Akira, gab es außerdem noch einen
nett aufgemachten Komplettband von Dino, in dem der Anime eine
Rückführung zum Medium Manga fand. Nun gibt es endlich, den in Japan bereits
seit einiger Zeit verfügbaren, zweiten Band auch hierzulande, wieder von Ehapa – diesmal unter dem Label Manga & Anime. Wer keine
Version des Vorgängers kennt, sollte sich auf jeden Fall mit dessen Lektüre auf
Dual Device (alternativer Titel) vorbereiten. Hier geht es nämlich noch
heftiger zur Sache, was die Hochtechnisierte Ausdrucksweise angeht. Wer nicht
im Entferntesten etwas mit Begriffen wie Firewall, aktiven und passiven Viren,
sowie vernetzten Rechnersystemen vertraut ist, wird ansonsten bereits nach den
ersten Seiten technologischer Übertreibung pur kaum etwas von der eigentlichen
Geschichte mitbekommen. Diese erschließt sich ohnehin nur wenigen Lesern beim
ersten mal, da sich Masamune
Shirow vollends selbst übertroffen hat, was
das Verstecken der Handlung unter einem riesigen Wust von technologischem
Obergau angeht. Der Großteil spielt nicht in der realen Welt, in der es
zwischendurch dann man zu Verfolgungsjagden, Intrigen und der anfänglichen
Verfolgung der Cyber Straftäter kommt. Das Meiste passiert im virtuellen Raum,
durch den die Hauptprotagonistin hinter den vermeintlichen Verbrechern von
einem Ersatzkörper zum nächsten hetzt. Dabei ist sie hauptsächlich damit
beschäftigt, durch virtuelle Barrieren einzudringen, oder selbst welche zu
errichten. Dabei helfen ihr eine Menge kleiner Programme, die als typisch
japanisch realisierte knuddelige Wesen dargestellt sind. Alleine das zeigt
schon, wie sehr der virtuelle Raum visualisiert wird, damit er für den Leser
plastischer und begreifbarer wird. Dem entgegen stehen allerdings die reichlich
vorhandenen Fachausdrücke, mit denen Shirow reichlichst um sich wirft,
und auch ständig welche dazu ersinnt. Die Zeichnungen werden hingegen für jeden
Manga Freund eine Offenbarung sein, denn fast genau zwei Drittel des sehr dicken
Heftes sind farbig – und was das für Farben sind! Berauschend gezeichnete
Figuren und vom Computer gerenderte Umwelt vom Feinsten. Natürlich dürfen auch
die sehr knapp bekleideten (meist nur ein hauchdünner Schutzanzug über nackter
Haut) Mädchen nicht fehlen. Der Freund von weiblichen Unterhöschen kommt
ebenfalls auf seine Kosten – wir haben hier schließlich einen japanischen Comic
vor uns. Die eigentliche Geschichte scheint hinter dem Ganzen hinten an zu
stehen (bei David
Lynch fragt ja auch nicht nach der Geschichte)
– schlussendlich dreht es sich jedoch um die Frage, was die Menschlichkeit des
Menschen ausmacht. Ist es der Körper, der in dieser zukünftigen Welt mehr als
ersetzbar ist, oder der Geist, der nun auch aus der Retorte erschaffen werden
soll?
Neben der recht beeindruckenden Aufmachung erscheint der
Preis gar nicht mehr so hoch, hat man doch satte dreihundert schwere Seiten als
Gegenwert in der Hand (es gibt noch eine etwa doppelt so teure Hardcover
Ausgabe). Das zwei Drittel auch noch farbig und in sehr guter Qualität
enthalten sind, wird jeden zu begeistern wissen. Selbst die schwarz/weißen
Seiten sind gut realisiert worden und erinnern an den Vorgänger.
Prädikat: Berauschendes,
hoch technisiertes Erlebnis – keine leichte Kost !!!
© Heiko Henning
31.10.2002