La Comunidad – Allein unter Nachbarn

Originaltitel: La Comunidad   Alternativtitel: Common Wealth, Allein unter Nachbarn   Darsteller: Carmen Maura (Julia), Eduardo Antuña (Charly), María Asquerino (Encarna), Jesús Bonilla (Ricardo), Marta Fernández Muro (Paquita), Paca Gabaldón (Hortensia), Ane Gabarain (Karina), Sancho Gracia (Castro), Emilio Gutiérrez Caba (Emilio), Kiti Manver (Dolores), Terele Pávez (Ramona), Roberto Perdomo (Oswaldo), Manuel Tejada (Chueca)   Produktionsfirma: Lola Films S. A.   Produktion: Andrés Vicente Gómez   Co-Produktion: Marco Gómez   Regie: Álex de la Iglesia   Drehbuch: Álex de la Iglesia, Jorge Guerricaechevarría   Kamera: Kiko de la Rica   Musik: Roque Baños   Schnitt: Alejandro Lázaro   Spezialeffekte: Pau Costa, Julio Navarro, Raúl Romanillos   Verleih: e-m-s   Erstaufführung: 26.9.2002 DVD   e-m-s 26.9.2002   Spanien 2000   104:41 Minuten (+ Zusatzmaterial: Originaltrailer 1:30; 5x Biographien/Filmographien; Deleted Scenes 3:59; Making of 25:16; Bildergalerie 2:59; Das wahnsinnige Selbstinterview 14 Seiten; Pressestimmen 12 Seiten; Teaser 1:02; Hidden Feature 11:58; DVD-ROM Part: Presseheft, Bildschirmschoner, Spiel – Shoot Julia Shoot!, Pressestimmen)   20 Kapitel, Widescreen 2,35:1 anamorph; Deutsch Dolby Pro Logic, Spanisch Dolby Pro Logic, Deutsch Dolby Digital 5.1, Spanisch Dolby Digital 5.1; Untertitel: deutsch;   Ländercode: 2   DVD-9/DVD-5   FSK 16

Julia ist eine Wohnungsmaklerin; keine besonders gute, aber es reicht zumindest dafür, sich und ihren arbeitslosen Freund durchzufüttern. Über einer der angebotenen Wohnungen in Madrid wird allerdings eine Leiche gefunden, und Julia findet durch Zufall das dort vom ehemaligen Mieter versteckte Geld eines Lottogewinns. Auf die dreihundert Millionen Peseten sind jedoch alle Nachbarn schon seit Jahren scharf, und die vermeintlich frisch gebackene Millionärin muss sich fortan mit allen Mitteln gegen die habgierigen Nachbarn verteidigen, bei dem Versuch, mit dem Geld aus dem Haus zu kommen...

Der fünfte Spielfilm von Álex de la Iglesia bietet dem Kenner seiner bisherigen Werke wieder einmal einige Überraschungen. Es gibt weder eine abgefahrenen Zukunftsvision, die äußerst brutal dargestellte Realität, noch eine Version des drohenden Weltuntergangs. Der vor Nervenkitzel strotzende Thriller fasziniert vor allem durch die Elemente der rabenschwarzen Komödie, die der Regisseur auf die Spitze getrieben hat. Selbstverständlich hält sich der Macher auch hier nicht mit blutigen Details zurück, und bietet selbst dem Gorehound einige entsprechende Momente, wie beispielsweise der Anfang mit Katze und Leiche, sowie eine Zweiteilung mittels Fahrstuhl. Deshalb ist es auch nicht wirklich ein „Film für die ganze Familie“, was auch schon die FSK 16 Freigabe aufzeigt. Als Hintergrund dient eine mehr als alltägliche Situation, denn nachbarschaftliche Sticheleien gibt es überall, was jeder Mitbewohner eines Mehrfamilienhauses bestätigen kann. De la Iglesia schildert das treffend: „Wir alle sind Nachbarn. Wir alle sind bösartige und schäbige Wesen, bloß dass manche es zugeben und andere wiederum nicht.“ Álex de la Iglesia, 1965 geboren in Bilbao, half sein Studium der Philosophie an der Universität von Deusto sicherlich bei der genauen Charakterstudie, die er an den Bewohnern des Hauses vornimmt.  Natürlich werden die Situationen drastisch und teils cartoonartig übertrieben, nur um zu demonstrieren, wie krass die Realität an sich bereits ist. Die Comunidad ist verschlagen und alle scheinen völlig durchgedreht und neurotisch nur noch ihren eigenen Profit und Wohlstand durchsetzen zu wollen. Eine Moral scheint es nicht zu geben und Selbstachtung ist auch nicht von Bedeutung – so sieht der sittliche Verfall aus, der auch im alltäglichen Leben um sich greift. Die Identifikationsfigur scheint sich dessen zunächst nur zu erwehren, überschreitet jedoch langsam aber sicher die Grenze überschreitet. Sie wird sogar partiell noch schlimmer als ihre Nachbarn, um bei der Erkenntnis dann einen Schritt zurück zu machen, damit sie sich wieder selbst ins Angesicht schauen kann. Iglesia bewegt sich auf den Spuren von Alfred Hitchcock und Roman Polanski, um deren Motiven des Suspense mit seiner eigenen Art zu huldigen. Auch Kultregisseurs Pedro Almodóvar steht mancherorts Pate, was unter anderem bei der Wahl der Hauptdarstellerin Carmen Maura klar wird, die in dessen Film Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs die Hauptrolle innehatte. Die Hauptdarstellerin erhielt sogar für ihre Darstellung in La Comunidad einen der drei Goyas (spanischer Filmpreis), die dem Film verliehen wurden.

Wie auch schon Perdita Durango, gibt es auch diesen Film wieder aus dem Hause e-m-s – ohne die Mitarbeit von Anolis Entertainment, wie es bei El Dia Del La Bestia der Fall war. Das anamorphe Bild ist von berauschender Qualität, bei der es keine Drop Outs und Verschmutzungen zu beklagen gibt. Der Ton ist ebenfalls ein kleines Meisterwerk, denn trotz der Dialoglastigkeit des Filmstoffes gibt es durch die Räumlichkeit einige überraschende oder erschreckende Momente zu vermelden. Die Gestaltung des anamorphen Menüs, wie auch das des Covers und der DVDs selbst, sind ansprechend und zeigen wie viel Mühe sich das Label gemacht hat. Extras hat die erste DVD zwar nicht zu bieten, doch dafür ist ja die zweite da, wenn diese auch leider nicht anamoph gehalten ist. Hier finden sich neben Trailer, Biographie/Filmographien Deleted Scenes, die sehr interessant, aber leider nicht untertitelt sind. Natürlich sind auch ein recht ausführliches Making Of und eine Bildergalerie enthalten – die allerdings nicht mit dem Selbstinterview mithalten können, welches Iglesia mit sich selbst geführt hat (deswegen Selbstinterview!), aber leider nur als Text auf die DVD gebannt wurde. Pressestimmen und Teaser stellen schon fast schon eine Selbstverständlichkeit dar, das Hidden Feature gab es bereits auf der El Dia De La Bestia DVD. Der DVD-ROM Part enthält neben Pressestimmen, Presseheft und Bildschirmschoner noch ein kleines, kurzweiliges Spiel.

Prädikat:       Geniale schwarze Komödie mit sozialkritischen Momenten – in genialer Umsetzung !!!

© Heiko Henning

26.1.2003