Titus

Originaltitel: Titus   Alternativtitel: Titus Andronicus   Darsteller: Osheen Jones (junger Lucius), Dario D' Ambrosi (Clown), Anthony Hopkins (Titus Andronicus), Jessica Lange (Tamora), Raz Degan (Alarbus), Jonathan Rhys-Meyers (Chiron), Matthew Rhys (Demetrius), Harry J. Lennix als Harry Lennix (Aaron), Angus MacFadyen (Lucius), Kenny Doughty (Quintus), Blake Ritson (Mutius), Colin Wells (Martius), Ettore Geri (Priester), Alan Cumming (Saturninus), Constantine Gregory (Aemelius), James Frain (Bassianus), Colm Feore (Marcus Andronicus), Laura Fraser (Lavinia), Geraldine McEwan (Kindermädchen), Tresy Taddei (Little Girl), Bah Souleymane (Infant), Antonio Manzini (Publius), Leonardo Treviglio (Caius), Giacomo Gonnella (Sempronius), Carlo Medici (Valentin), Emanuele Vezzoli (Goten Anführer), Hermann Weisskopf als Herman Weiskopf (Goten Krieger), Christopher Ahrens als Cristopher Aherns (Goten Krieger), Vito Fasano (Goten General), Maurizio Rapotec (Goten Lieutenant), Bruno Bilotta (Römischer Captain)   Produktionsfirma: Fox Searchlight Pictures, Clear Blue Sky Productions   Produktion: Conchita Airoldi, Jody Patton, Julie Taymor   Regie: Julie Taymor   Drehbuch: Julie Taymor   Vorlage: William Shakespeare   Kamera: Luciano Tovoli   Musik: Elliot Goldenthal   Schnitt: Françoise Bonnot   Spezialeffekte: Renato Agostini   Verleih: e-m-s   Erstaufführung: ?   e-m-s 28.01.2003   USA/Italien 1999   155:24 Minuten (+ Zusatzmaterial: --)   8 Seiten Booklet   32 Kapitel, Widescreen 2,35:1 anamorph; Deutsch Dolby Digital 2.0, Englisch Dolby Digital 2.0, Deutsch Dolby Digital 5.1, Englisch Dolby Digital 5.1; Untertitel: --;   Ländercode: 2   DVD-9   FSK 16

Der große Kriegsheld Titus Andronicus kehrt abermals siegreich von einem Feldzug zurück, bei dem er die Goten das Fürchten lehrte. Als Gefangene bringt er die Anführerin der Goten, Tamora, und ihre beiden jüngeren Söhne mit – den ältesten opferte er, entsprechend einem alten Ritual, für die in der Schlacht gefallenen Römer. Nach seiner Rückkehr ist das Volk von Rom der festen Überzeugung, in ihm seinen neuen Herrscher gefunden zu haben, doch Titus meint, er gehöre aufs Schlachtfeld, und nicht in die Politik. Dafür schlägt er den mit seinem Bruder dafür in Konkurrenz stehenden Kaisersohns Saturninus vor, dessen Verschlagenheit äußerst offensichtlich ist. Frisch an der Macht verlangt er dann auch gleich die seinem Bruder Bassianus versprochene Lavinia, der Tochter von Titus – und als beide vor ihm fliehen, nimmt er kurzerhand die auf Rache sinnende Tamora zur Braut. Das alles lässt sich Andronicus noch gefallen, doch als nach und nach seine Söhne getötet, und seine Tochter vergewaltigt und verstümmelt wird, beginnt auch er zu blutigen Mitteln zu greifen...

Laut manchen Angaben (unter anderem der britische Dichter T. S. Eliot) soll Titus Andronicus, die Vorlage für diesen Film, nicht aus der Feder von William Shakespeare stammen, was aber wohl reine Vermutung seitens einiger Kritiker ist. Der Stoff hat klare dramaturgischen Schwächen und ist viel blutrünstiger und expliziter, als man es von dem englischen Schriftsteller gewohnt ist. Doch die Regisseurin und Shakespeare Expertin Julie Taymor würde sicherlich bei der Auswahl des Stoffes für ihren ersten Film ein Original einer Kopie vorziehen. Ursprünglich setzte Taymor, die früher als Choreografin, Designerin Bildhauerin und Opernregisseurin gearbeitet hat, das Stück in einem Off-Broadway-Theater als erfolgreiche Inszenierung um. Angesichts der Tatsache, dass es sich hierbei um ein Erstlingswerk handelt, ist es umso erstaunlicher, dass es die Regisseurin schaffte, Größen wie Anthony Hopkins, Jessica Lange und Alan Cumming für dieses Werk zu begeistern. Vielleicht war es jedoch auch ihr Drehbuch, welches bereits die äußerst opulente und überraschende Umsetzung erahnen ließ, und auf diese Weise die Schauspieler für sich einnahm. Taymor hält sich sehr dicht an die Vorlage, was auch die Schwächen des Originals nach sich zieht, verpasst ihnen einen neuen Hintergrund. Die Art und Weise, in welcher die Figuren in einer unbestimmbaren Epoche existieren, fällt vor allem am Anfang stark auf, tritt aber zusehends in den Hintergrund, solange der Zuschauer gefesselt dem Werk folgt. Der Beginn in jetziger Zeit mit hartem Bruch zu der scheinbaren römischen Triumphzeit ist äußerst hart konzipiert. Auch dort angekommen wird der Rezipient mit neuzeitlichen Dingen wie Autos, Panzern und Waffen konfrontiert, die nicht in das opulente Ambiente der fast schon futuristischen Kostüme und den Bauten von Dante Ferreti passen will. Nach und nach fügt sich allerdings alles zu einem Ganzen und macht klar, wie zeitlos der Kontext mit Intrigen, Gewalt und Grausamkeit doch ist. Nicht nur der schlachtgewaltige Vorspann, auch der ganze Film profitiert dabei von der scheinbar künstlichen Lichtgestaltung, welche die Bilder auf eine erstaunliche Art und Weise plastisch und lebendig wirken lässt. Unterstützt werden sie dabei von dem teils schon ans bombastische grenzenden facettenreichen Score von Elliot Goldenthal, mit welchem Julie Taymor liiert ist. Die Schauspieler fügen sich, anders als bei anderen Produktionen, zu einem berauschenden Ganzen zusammen und liefern so einen recht homogenen Gesamteindruck, der das Augenmerk auf die Geschehnisse und Inszenierung lenkt. Gerade Sir Anthony Hopkins, von dem man in dieser Rolle etwas Herausragendes erwartet hätte, wirkt ein wenig unterfordert, und man hätte eigentlich mehr Ausdruck und Herzblut in seinem Spiel erwartet. Herausragend ist auf jeden Fall Jessica Lang, die – entgegen ihrem sonstigen Besetzungstypus – als verschlagene und hinterhältige Intrigantin beachtliches leistet. Ein Punkt der Kritik ist natürlich auch die Blutrünstigkeit und Unappetitlichkeit, die sich wie ein roter Faden durch die Geschehnisse zieht. Zwar hält Taymor nicht bei jeder Gelegenheit bei Szenen – die einem Splatterfilm Ehre machen würden – voll drauf, aber dennoch ist das Ergebnis nichts für zarte Gemüter. Selbst bei den Abblendungen wird glasklar, was geschieht – der Film läuft im Kopf des Zuschauers weiter, der sich ja teils recht schreckliche Sachen vorzustellen vermag.

Begrüßt wird der Zuschauer mit einem anamorphen Menü, bei dem ein Bühnenvorhang vor dem passend gewählten Filmausschnitt aufgeht. Die Bildqualität ist durchweg gut, bis auf kleine Mängel bei Schärfe und Kontrast, die aber auch bei der dunklen und blaustichigen Vorlage allerhand zu tun haben. Entgegen den üblichen Shakespeare Verfilmungen kommt hier der Ton nicht zu kurz, denn neben den vielen Dialogen, die aus dem Center kommen, gibt es reichlich Geräuschkulisse, die alle Boxen fordert. Beim Einmarsch der Soldaten sollte man sogar aufpassen, die Nachbarn nicht zu verärgern, da neben den Marschgeräuschen auch entsprechend brachialer Sound aus den Boxen schmettert. Um Zusatzmaterial ist es leider schlecht bestellt, doch das beigefügte Booklet liefert jedoch einige Informationen zu Jessica Lange, Sir Anthony Hopkins und William Shakespeare.

Prädikat:       Eine blutige Bild- und Wortgewaltige Schlacht – in recht guter DVD Umsetzung !!!

© Heiko Henning

17.7.2003