X‑Tro    #9

DIN A4 84 Seiten

Auflage:         10000 Exemplare

6.1996 650

ISSN       0949 – 6246

Christian Schüchel

Wallauer Straße          1

65239  Hochheim am Main

Nach dem Sprung ans Kiosk setzen die guten Leute von X‑Tro noch zwei drauf – die Seitenzahl wird um dreißig (!) gesteigert und es sind außerdem noch acht farbige Seiten im Inneren enthalten, und das Ganze für den gleichen Preis! Wenn das nicht im Zusammenhang mit dem Wagnis auf den offenen Markt zu gehen lobenswert genug ist, weiß ich auch nicht mehr! Die sonstige Aufmachung ist ebenfalls wieder Spitze – nicht zu meckern von dieser Seite. Es sind zwar einige Tippfehler enthalten, doch über die kann man sicherlich getrost hinwegsehen!

Toter Mann kommt! ist wieder ein richtig schöner unabhängiger Artikel, wie er nur im X‑Tro stehen kann – Marc Rybicki zieht vom Film passende Parallelen zu dem ganzen Filmgeschäft und die ganze amerikanische Gesellschaft. Guido Keller ist auf einem scheinbaren Ego‑Trip und bricht erst einmal für Harald Schmidt eine Lanze – nicht unbedingt essentiell, aber nett zu lesen. Eine sehr schöne Retro gibt es zu Tim Burton Christian Schüchel holt dabei scheinbar alles aus sich heraus und verneigt sich vor dem Regisseur und Visionär – eine essentielle Lektüre. Hollywoods Glückspilz scheint nach der Meinung von Marc Rybicki George Clooney zu sein, der spätestens mit seiner Hauptrolle in From Dusk Till Dawn den großen Durchbruch geschafft hat – hier werden außerdem noch alle Zwischenstationen der Laufbahn des Schauspielers aufgezählt. Für jeden Fan von Krimis gibt es dann einen weiteren Bericht über NYPD Blue – wer's mag, wird wieder an Marcs detaillierter Vergötterung Gefallen finden. Geradezu genial ist das Interview zu nennen, welches Ivo Scheloske mit Stuard Gordon geführt hat – der Ausgefragte plaudert fröhlich und ausgelassen vor sich hin, so daß der Leser äußerst viel über ihn und seine Arbeit erfährt. Geschmackssache ist die Arbeit von Christoph Schlingensief sicherlich – Manfred Riepe macht dies mit seinem Essay über zwei seiner Filme sehr gut klar. Ein Nachwuchstalent scheint der angehende Regisseur Volker Lange zu sein – das Interview, welches Christian aufgrund des aktuellen Werkes Call Of Cthulhu mit ihm geführt hat, zeigt, daß es auch Ausnahmen in dem Sumpf von sonst mittelmäßigem Homemade gibt. Außerordentlich essentiell ist der Bericht über die Mifed, eine der scheinbar unerschöpflichen Filmfachmessen – hier werden einige der wichtigsten Werke von Ivo Scheloske und Daniel Hasenfuß vorgestellt, wobei sich herausstellt, wieviel geniale Sachen doch vor einem verborgen bleiben. Ein hoch interessanter Mann ist Nigel Wingrove, welcher mit seinem Label Redemption ein scheinbar einzigartiges Vehikel für ungeschnittene Filme geschaffen hat – deshalb ist das Interview, das von Joachim Bauer geführt wurde, auch mehr als essentiell zu nennen. Nicht sonderlich von Interesse ist hingegen der Artikel über den relativ unbekannten Filmstar Gilda Langer Olaf Brill und Thomas Schultke wecken zwar ein wenig Interesse, mehr wird jedoch nicht erreicht. Etwas anderes sind mal die beiden Berichte zu Kinos in Südostasien und In Afrika ins Kino gehen – hier erfährt man einmal, wie die Lichtspielhäuser in anderen Ländern aussehen und funktionieren. Fundus, Cineflash und Videoflash informieren dann (teils kontrovers) zu den Werken der Filmbranche – reichlich Schmackhaftes für den Filmfan. Recht groß ist diesmal der Mediamix ausgefallen, der einiges Nettes an Infos bereithält.

Prädikat:           Sicherlich sind Veränderungen zu erkennen, aber das X‑Tro bleibt sich in gewisser Weise treu – auch nach dem großen Schritt ins Profilager noch sehr zu empfehlen !!!

© Heiko Henning

23.7.1996