X‑Tro    #10

DIN A4 84 Seiten

Auflage:         circa 10000 Exemplare

11.1996       650

ISSN       0949 – 6246

Christian Schüchel

Wallauer Straße          1

65239  Hochheim am Main

Die Jubiläumsnummer des "gnadenlos subjektiven" Filmmagazins hält einige Überraschungen für den Leser bereit. Vor allem die Umstellung des Layouts ist eine – visuelle – Überraschung. Als recht mutig kann man die völlige Umstellung der Typographie (hierbei wird sich an dem neuen Trend des nonkonformen und leicht chaotischen angeschlossen, wobei jedoch das Chaos partiell eigennützig ist und nicht mehr innovativ wirkt) ansehen, welche die alteingesessenen Leser sicher nicht "verscheuchen" wird, Neuleser, die dieser Art der Präsentation jedoch nicht aufgeschlossen sind, nicht gerade dazu animieren, zu einem Stammleser zu werden. So umstritten die Gestaltung auch sein mag – sie löst teils regelrechte Begeisterungsstürmen aus (an manchen Stellen wird jedoch eher das Gegenteil erreicht). Es sind auch wieder einige farbige Seiten eingefügt, die geschickt genutzt wurden.

Die Bemerkungen zum "Special FX‑Porno" Independence Day von Christian Schüchel sind recht treffend – er schafft es, ohne in die Polemik anderer Kritiker zu verfallen, seine recht negative Meinung zum Blockbuster kund zu tun. Guido Keller versteht es mal wieder recht gut, die Leser zu verwirren und gleichzeitig zu faszinieren – sein Veni Vidi Audi! zeigt auf beeindruckende Weise, was die Werbung heutzutage hervorbringt, und was leider nicht. Das Sam Peckinpah einer der großen Regisseure der letzten Jahrzehnte ist, steht wohl außer Frage – in einer kompetenten Retro bekommt er jedoch endlich mal – zumindest einen Teil der – Anerkennung, die er verdient. Die drei Interviews mit Christophe Gans (Crying Freeman, Silver Slime), Jörg Buttgereit (Kondom des Grauens, Nekromantik, Schramm) und dem Schwedischen Gespann (Anders Jacobsson, Goran Lundstrom und Kaj Steveman Evil Ed) sind, trotz der Kürze der ersten Beiden, mit äußerst essentiellen Informationen angereichert und wissen zu begeistern. Interessant zu lesen ist auch der Artikel über Martin Landau von Olaf Brill, der in etlichen Filmen und Fernsehproduktionen mitgespielt hat. München Ade! sagt Guido Keller – und man kann seinen Frust gegenüber den Veranstaltern von Festivals nach den von ihm beschriebenen Eskapaden verstehen. Emergency Room scheint zwar von der Thematik her nicht zu passen, doch Marc Rybicki zeigt glaubhaft, daß auch eine Krankenhausserie einen Kultstatus unter unsereins finden kann. Essentiell dann der Bericht über ILM, die ja in letzter Zeit immer mehr Filmen (Jurrassic Park, Twister, Star Wars) zu im Computer animierten Effekts verhelfen – Constanze Quanz gibt einen guten, wenn auch nicht lückenlosen, Überblick. Das Christopher Walken (God's Army, Dead Zone, True Romance) ein faszinierender Schauspieler ist, steht außer Frage – Marc Rybicki untermauert es lediglich noch einmal mit den Besonderheiten, die ihm an dem Star auffallen. Eine – ebenfalls etwas abrißhafte – Zusammenfassung des Schaffens des Soundtrack Komponisten Danny Elfman hilft dem Laien gut auf die Sprünge. Äußerst Ausschweifend ist hingegen Olaf Brills Artikel über die TV Serie Kobra, übernehmen sie! Takeshi Kitano scheint eine Art "realistisch" zynischen Gegenpart zu John Woo darzustellen – den Eindruck hat man zumindest nach der Lektüre des Textes von Guido Keller. Eine nette Auflockerung stellt die Burleske über die (mögliche?) Entstehungsgeschichte von Jurassic Park 2 dar – Olaf Brill und Thomas Schultke schaffen es wunderbar, den nicht vorhandenen Inhalt des ersten Teils scheinbar noch an Dummheit zu unterbieten. Die beiden werfen anschließend einen – guten – Blick auf die dritte Staffel von Akte X, wobei nicht nur hoch gelobt wird, wie in fast allen anderen Artikeln. Will Smith spricht in einem Interview über seine Rolle in Independence Day und seine zukünftigen Pläne – ganz nett. In den altbekannten Rubriken CineFlash und VideoFlash gibt's abermals alle möglichen wichtigen Tips zur Auswahl des nächsten Werkes, welches man sich "antun" sollte – der MediaMix quillt genauso vor Informationen nur so über.

Prädikat:           Etwas gewöhnungsbedürftiges neues Äußeres – Inhalt wie immer begeisternd !!!

© Heiko Henning

15.11.1996