Blutrache der Geschändeten

Susan Hensley war die erotischste Schülerin an ihrer High School. Die attraktive 18jährige mit den schulterlangen kastanienbraunen Haaren stand im Mittelpunkt der gesamten Schule. Jeder Schüler riß sich förmlich darum, ihr Auserwählter zu sein, und das wußte die Schöne nur allzu genau. An diesem schwül- heißem Tag im Freibad stellte sie das einmal mehr unter Beweis. Als sie sich gerade in ihrer Sonnenliege räkelte, trat einer ihrer zahlreichen Verehrer, der sich zufälligerweise ebenfalls im Freibad aufhielt, an sie heran.

„Hi Süße, kann ich Dir ein bißchen Gesellschaft leisten?“

„Jimmy? Du auch hier?“ fragte sie und hob die Sonnenbrille an. „Warum sollte ich auf dieses Angebot eingehen?“

„Nun- äh- ich könnte Dir zum Beispiel den Rücken eincremen...“

„Oh, ich glaube nicht, daß ich Dich dafür brauche...“

„Wieso nicht? warum läßt Du’s nicht einfach auf einen Versuch ankommen?“

„Weil ich da hinten den einzigen Mann meiner schlaflosen Nächte sehe: George Ashley.“

Noch bevor der ihr gegenüber hockende Junge etwas erwidern konnte, schwang Susan sich aus ihrer Liege und schritt zum Eisstand, wo sich ihr Freund George ebenfalls aufhielt.

„Hallo, Du auch hier?“ rief sie freudig erregt und fiel ihm um den Hals.

„Seit einer Viertelstunde. Sag mal, hat dieser Hänfling versucht, dich anzumachen?“ fragte George und deutete auf Jimmy, der die beiden aus der Ferne beobachtete.

„Mach` Dir um den keine Gedanken. Nicht mein Typ!“

Beide lachten spöttisch. Beschämt schlich Jim von Dannen.

 

Ja, Susan wußte haargenau, wie begehrt sie war- und das genoß sie unheimlich. Sie hatte die besten Chancen, Ballkönigin der diesjährigen Abschlußfeier zu werden. Sie fieberte dem Ende des Schuljahres entgegen, doch eines Tages änderte sich die Situation schlagartig! In ihrer Parallelklasse tauchte eine neue Schülerin auf, die für Susan zur ernsten Konkurrenz wurde: Angela White. Susan bekam einen rechten Schock, als sie die Neue, eine rassige Blondine zum ersten Mal auf dem Schulhof erblickte.

„Was will denn dieses aufgedonnerte Flittchen hier?“ dachte sie entsetzt und registrierte zornig, daß ihre neue Nebenbuhlerin bereits eine Menge bewundernde Blicke auf sich gezogen hatte.

Kaum zu Hause angekommen, ergriff sie sofort den Telefonhörer und rief George an, um sich in dieser für sie katastrophalen Lage bei ihm auszuweinen.

„Ja, Hensley hier,“ meldete er sich.

„Hier ist Susan! Kann ich gleich vorbeikommen? Ich brauche jetzt so dringend Beistand!“

„Nein, das ist momentan ganz schlecht, weil... äh...weil...“

„Ja? Weil was?“

„Du weißt, die Neue, Angela.. Ich bin nachher mit ihr verabredet, um ihr die Stadt zu zeigen. Sie ist doch neu hier, und...“

Ohne ihn weiterreden zu lassen, knallte Susan erbost den Hörer auf die Gabel.

Zornig lief sie in ihrem Zimmer auf und ab. Sie wünschte ihrer Konkurrentin die Pest an den Hals. Da fiel ihr Blick auf eine fettgedruckte Kleinanzeige in der Zeitung, die etwas zerknüllt auf ihrem Bett lag.

„Eine Hexe bietet Zauberdienste an...“ murmelte Susan vor sich hin, „gegen günstige Bezahlung.“

Jetzt umspielte ein böses Lächeln ihre Lippen. Sollte sie das glauben oder nicht? Sollte sie der Hexe Geld in den Rachen stecken? Das war natürlich ein Risiko. Nach langem Hin und Her entschied sie sich schließlich, die in der Zeitung abgedruckte Adresse aufzusuchen.

 

Susan war nicht besonders wohl zumute, als sie vor dem heruntergekommenen Haus stand. „Pamela Hill“ stand auf dem Namensschild. Susan zögerte noch einmal kurz, dann schaffte sie es, sich zu überwinden und drückte auf die Klingel. Erst beim vierten Klingeln vernahm sie schlurfende Schritte hinter der Tür. Eine verschlafene, mürrische Stimme gellte ihr zu:

„Ja? Wassis los?“

Susan räusperte sich kurz dann antwortete sie: „Ich... ich komme wegen Ihrer Zeitungsannonce...“

Die Tür wurde so ruckartig aufgerissen, daß Susan erschrak. Die Frau, die in der Tür stand, war mindestens 90 Jahre alt- faltig, grau und bucklig- und verwahrlost. Unzählige Flicken bedeckten ihr ausgefasertes Kleid. Strähnig hing ihr das schneeweiße Haar übers runzelige Gesicht. Aus halb geschlossenen Schweineaugen glotzte sie ihre Besucherin an.

„Was gibt’s?“ bellte die Alte.

Susan verzog das Gesicht, als ihr die Schnapsfahne entgegenschlug und nach einem kurzen Räuspern antwortete sie: „Sie können tatsächlich zaubern? Zum Beispiel einen Menschen mit einem Fluch belegen, der ihn- naja- unansehnlich- äh- häßlich macht?“

„Häßlich?“ wiederholte die alte Vettel, dabei umspielte ein fieses Grinsen ihre dicken Lippen. „Komm erst mal rein, Schätzchen, dann können wir uns genauer unterhalten.“

Susan überwand ihre Abneigung und schritt an der Alten vorbei in die Diele. Knurrend warf die Hexe die Haustür ins Schloß und führte Susan ins Wohnzimmer. Das Zimmer war genauso heruntergekommen wie die Alte selbst. Das Wohnzimmerfenster war beschmiert mit Fliegendreck und Staub. Die löchrigen Vorhänge waren regelrecht vergilbt und rochen alt und modrig. Gleiches galt auch für das zerzauste, altersschwache Sofa, auf dem die Greisin Platz nahm. Die wenigen Möbel waren alt und zerkratzt. Mißmutig blickte Susan sich um. Ihr Blick fiel auf zahlreiche Totenschädel und weitere Knochen, die sowohl von Tieren als auch Menschen stammen konnten und überall an den Wänden hingen und im Schrank lagen. Auf dem schmutzigen Teppich lag eine pechschwarze Katze, die Susan aus blutroten, glasigen Augen böse anfunkelte. Das Mädchen fröstelte. Die garstige, unangenehm schrille Stimme der Alten riß sie aus ihren Gedanken.

„Also, Früchtchen, was ist jetzt? Was willst Du von mir?“

„Wie ich schon sagte: Ich will, daß Sie eine Rivalin von ,mir mit einem Fluch...“

„Dafür brauche ich etwas Persönliches von dieser Person!“ fiel die Hexe ihr ins Wort.

Susan zuckte erschrocken zusammen, faßte sich aber sofort wieder und antwortete: „Ja natürlich... So was habe ich mir schon gedacht... Moment...“

Von einer Freundin, die in Angelas Klasse ging, hatte Susan ein Foto von ihrer Konkurrentin ergattert. Sie angelte das Bild aus ihrer Handtasche und reichte es zu der Alten hinüber. Als die Hexe das Bild ergriff, berührten ihre zweigartigen Finger die von Susan, die ihre Hand blitzschnell zurückzog. Ihr graute vor der unheimlichen Vettel. Kichernd betrachtete die Hexe das Foto.

„Wirklich beeindruckend, diese Schönheit,“ murmelte sie.

In Susan kochte die Wut hoch. „Lassen Sie das!“ keuchte sie. „Können Sie dieses Weib so richtig häßlich machen?“

Die Alte erhob sich.

„Selbstverständlich,“ knirschte sie. „Von mir aus können wir gleich anfangen.“

„Das wäre mir auch recht.“ sagte Susan. In ihr keimte die Vorfreude.

„Dann kommen wir zuerst zum wichtigsten Teil des Geschäftes.“ sagte die Alte mit lauerndem Unterton in ihrer Stimme.

„Dem wichtigsten Teil?“

„Das Geld, Kindchen. Macht exakt 500 Dollar.“

„Ja, natürlich. Warten Sie...“

Susan hatte schon mit einem Betrag in ungefähr dieser Richtung gerechnet. Nervös angelte sie einige 100- Dollar- Scheine aus ihrer Handtasche. Grinsend nahm die Hexe die Scheine in Empfang. Nachdem sie das Geld in einer Schublade verstaut hatte, nahm sie einen tiefen Schluck aus einer Schnapspulle. Susan setzte sich auf einen morschen Stuhl und sah der Alten zu. Die Hexe zog das Rollo am Fenster herunter und warf die Vorhänge vor die dunklen Scheiben. Sie schlurfte im dunklen Zimmer auf und ab und murmelte wirres Zeug. Sie stellte ein metallenes Tablett auf den klobigen Tisch. Auf das Tablett stellte sie eine lange, schwarze Kerze und zündete sie mit einem Streichholz an.

„Wie heißt dieses Weib?“ fragte die Hexe.

„Angela...“ antwortete Susan, „Angela White.“

Mit einer kleinen Pinzette hielt die Alte das Bild über die Kerzenflamme. Ihr Blick war unheimlich und leer. Sie schien sich auf einmal ganz weit weg zu befinden. Mit ihren Gedanken war sie bei der ahnungslosen Angela White.

„Angela White!“ murmelte die Vettel eindringlich. Sie sagte den Namen immer wieder, immer lauter, als würde das fotografierte Mädchen in voller Lebensgröße im Zimmer stehen. Die Augen der Hexe weiteten sich. Mit einem Mal begann sie zu weinen, doch es waren keine Tränen, die über ihre Wangen rollten. Es war Blut. Die Hexe weinte Blut! Susan lief bei diesem Anblick kreidebleich an.

„Angela White!!“ schrie die Greisin nunmehr aus Leibeskräften, dabei heulte sie furchterregend und immer mehr Blut floß aus ihren Augen und plötzlich auch aus ihren Nasenlöchern! Die schwarze Katze, die das Geschehen bisher lethargisch beobachtet hatte, erhob sich auf einmal, fauchte laut, sprang auf den Tisch und starrte mit weit aufgerissenen Augen auf die Kerze, als würde sie ihre Herrin bei ihrer Zeremonie unterstützen wollen. Susan hing in ihrem Stuhl wie ein Häufchen Elend. Wenn es nur endlich vorbei wäre, dachte sie immer wieder. Das zuckende Kerzenlicht verzerrte das runzelige Gesicht der Hexe und ließ es einfach noch furchterregender aussehen. Auch die Katze, die in ihrem Buckel erstarrt zu sein schien, ergänzte das schaurige Bild. Schlagartig hörte die Alte auf zu kreischen. Wie zu Stein erstarrt hockte sie auf dem Sofa und starrte auf die Kerze. Ihre Augen blinzelten nicht einmal. Der Blutstrom aus ihren Augen und Nasenlöchern klebte wie rote Farbe im verwilderten Gesicht. Susan registrierte entsetzt, daß sich das Gesicht der alten Frau veränderte. Es wurde auf einmal noch älter, als es ohnehin schon war. Steinalt! Es wurde richtig mumienhaft, eine Art Totenmaske. Die Haut wurde grau, die Falten tiefer und die Augen lagen erschreckend dunkel und leblos in den Höhlen. Nach einigen Sekunden glommen kleine weinrote Funken in diesen Augen auf. Die Funken wurden rasch größer, und die Augen der Hexe glühten. Sie leuchteten wie rote Scheinwerfer und die zwei Lichtkegel erfaßten die blasse Susan voll. Die Vettel atmete schwer. Das Ritual kostete sie sichtlich Kraft. Das Gesicht verformte sich weiter. Es nahm eine dreieckige Form an. Die Augen warfen jetzt keine Lichtkegel mehr, dafür leuchteten sie sadistisch. Susan wollte schreien, aber sie brachte keinen Ton über die Lippen. Sie war wie gelähmt! Sie hatte Angst, daß die monströse Alte über sie herfallen würde. Plötzlich senkte die Hexe den Arm und hielt das Foto an der Pinzette direkt in die Flamme der Kerze. Der ganze Rest ihres Körpers blieb dabei völlig unbewegt, wie bei einem Roboter. Nur die Lippen zuckten. Die Frau hauchte unverständliche Worte. Zauberworte! Dann begann sie wieder zu schreien.

„Ich verfluche Angela White!!“ Und wieder: „Ich verfluche Angela White!! Die Menschen sollen sich fortan mit Grausen von ihr abwenden!!“

Die Asche vom verbrannten Foto fiel auf das Tablett unter der Kerze. Die Hexe zitterte am ganzen Körper und begann zu jaulen und zu schluchzen.

„Angela White ist verflucht!!“ kreischte sie aus voller Kehle und neue Blutstropfen quollen ihr aus Augen und Nase.

Die Hexe mußte während ihrer Zeremonie selbst Höllenqualen erleiden. Sie fing an, auf dem Sofa hin- und herzuhüpfen. Sie wand sich in unbeschreiblichen Schmerzen! Unaufhaltsam spritzte Blut aus ihrem Gesicht, nun auch aus ihrem Mund. Ihre Kleidung war blutbesudelt, sie fuchtelte wild mit den Armen und brüllte wie ein tollwütiges Tier. Die Katze schrie auf, sauste vom Tisch und jagte aus dem Wohnzimmer. Das war ihr jetzt doch zuviel. Susan blieb zusammengekauert auf ihrem Stuhl sitzen und betrachtete schockiert das schaurige Geschehen. Auf einmal sackte die Greisin in sich zusammen. Ein erschöpftes Stöhnen drang aus ihrem Mund. Sie erholte sich allmählich wieder. Aus der Fratze formte sich wieder das menschliche Antlitz. Nur die Blutbäche blieben auf ihrem Gesicht und dem Kleid zurück. Ihr Blick wanderte über die Kerze hinweg in Richtung Susan.

„Es ist vollbracht,“ keuchte die Alte und wischte sich mit den Händen das Blut aus dem Gesicht.

Susan erhob sich vom Stuhl. Sie hatte ganz weiche Knie, die ihr nicht sofort gehorchten. Sie mußte stark kämpfen, um nicht ihr Gleichgewicht zu verlieren.

Sie hatte Mühe, artikuliert zu sprechen. „Sie meinen, die Schlampe steht mir jetzt nicht mehr im Weg? Sie wird mir nie wieder einen Kerl ausspannen?“

„Darauf kannst Du dich verlassen. Die Männer werden sich fortan mit Grausen von ihr abwenden.“

„Gut. Gute Arbeit.“

Susan verschwand aus dem Haus, so schnell sie konnte.

 

Am nächsten Tag traf Susan George Ashley auf dem Schulhof.

„Hallo mein Held,“ begrüßte sie ihn stürmisch, „Wie geht’s so?“

„Sehr gut, Süße. Aber sag` mal, hast Du Angela hier irgendwo gesehen?“

„Nein, wieso?“

„Ich glaube, sie ist heute gar nicht in der Schule.“

„Na und? Was interessiert Dich dieses Flittchen? Du hast doch mich!“

„Laß` das jetzt. Ich bin nach der Schule mit ihr verabredet.“

Gedankenverloren drehte George sich um und ließ Susan zurück.

„Na warte, mein Bester,“ dachte Susan, „wenn der Zauber der Hexe tatsächlich gewirkt hat, wirst Du schon merken, was Du an mir hast.“

 

Am nächsten Tag sah Susan ihren Freund wieder- Er stand in einer Telefonzelle vor der Schule und versuchte vergeblich, ein Telefonat zu führen. Susan mußte bei diesem Anblick schmunzeln. Sie konnte sich nur allzu gut denken, wen George da gerade versuchte, zu erreichen. Als er die Telefonzelle verließ, sprach sie ihn gleich an.

„Na, was ist los mit Dir? Versuchst Du jemand Bestimmtes zu erreichen?“

„Angela. Ich verstehe das nicht. Ich habe in jeder Pause versucht, sie zu sprechen. Immer, wenn ich meinen Namen nenne, legt sie auf.“

„Och, das ist aber gar nicht nett...“

Susan mußte sich beherrschen, nicht laut loszulachen. Sie hatte ihr Ziel erreicht. Wenn sich ihre Konkurrentin nicht mehr unter die Menschen wagte, mußte dies ja wohl einen bestimmten Grund haben.

„Hör mal, George,“ ergriff sie wieder das Wort, „ich weiß von einer Freundin, wo Angela wohnt. Wollen wir vielleicht ml bei ihr vorbeifahren?“

„Du- Du willst mir wirklich weiterhelfen?

„Wieso nicht? Ich würde der Guten auch gerne mal einen Besuch abstatten.“

„Wie Du meinst...“

George war fassungslos. Er ahnte ja nicht, aus welchem Grund Susan ihm so behilflich sein wollte...

 

Gedankenverloren steuerte George seine rote Corvette in die Richtung, in die ihn Susan, die auf dem Beifahrersitz platzgenommen hatte, dirigierte.

„Stop! Hier wohnt sie.“ rief Susan.

George trat auf die Bremse und parkte den Wagen vor einem Hochhaus.

„Da drin hat sie eine Wohnung,“ erzählte Susan, während sie das Auto verließ.

„Nun gut,“ sagte George, „dann laß uns reingehen.“

Sie betraten das Gebäude, stiegen in den Fahrstuhl und fuhren in das besagte Stockwerk.

Als sie vor der Wohnungstür standen, an deren Namensschild Angela White stand, zögerte George noch einmal kurz.

„Sag mir doch noch einmal, wieso Du mir hilfst, Angela zu finden. Sie ist doch Deine Rivalin, oder nicht? Ich denke, Du haßt sie dafür, daß ich mich für sie interessiere.“

„Och,“ entgegnete Susan, „ich will mich nur gerne mit ihr aussprechen. Es war ein fairer Wettkampf zwischen uns, den sie halt gewonnen hat. Ich bin nicht so nachtragend.“

Das sagte sie mit dem treuestem Hundeblick, und George ließ es gut sein. Aufgeregt drückte er die Türklingel. Keine Reaktion. Er versuchte es noch einmal. Wieder war hinter der Tür nichts zu vernehmen.

„Sie ist wohl nicht daheim.“ sagte George enttäuscht.

„Laß mich mal versuchen,“ erwiderte Susan, „Vielleicht hat sie Angst, aufzumachen, die Ärmste. Aber guck mal, hier ist ein ganz normaler Türgriff, kein Knauf. Vielleicht haben wir Glück, und es ist nicht abgeschlossen.“

Schon drückte sie die Klinke nach unten. Tatsächlich, es war nicht abgeschlossen! Knarrend öffnete sich die Tür. Susan und George betraten den Korridor. Es war dunkel in der Wohnung, sie mußten das Licht anknipsen.

„Angela?“ fragte George etwas zaghaft.

Ein leichtes Schaben und Kratzen war die Antwort. Sie folgten dem Geräusch.

„Angela, wo bist Du denn?“ jauchzte Susan vergnügt, „George möchte sich so gern Deinen neuen Look ansehen...“

Während sie das sagte, betraten sie das Wohnzimmer, aus dem das Geräusch gekommen war. Auch hier betätigten sie den Lichtschalter und blieben wie angewurzelt stehen- mit diesem Anblick hatten beide nicht gerechnet! Das Zimmer war vollkommen verdreckt. Am Wohnzimmerfenster waren die Rolläden heruntergezogen, zudem waren zwei riesige Gardinen vorgezogen. Und hinter diesen Gardinen bewegte sich etwas.

„Du- Du weißt von meinem Unglück?“ krächzte eine schwache, brüchige Stimme.

Die Gardinen wurden von innen her zurückgezogen. George und sogar Susan waren entsetzt über die bizarre Gestalt, die sich ihnen zeigte. George, der überhaupt nicht mit etwas Bösem gerechnet hatte, stieß einen Schrei aus. Aber auch Susan stand da wie zu Stein erstarrt. Der Fluch der Hexe hatte in der Tat Wirkung gezeigt, aber weitaus verheerender, als Susan es beabsichtigt hatte. Die Gestalt, die langsam und schwerfällig auf die Beiden zuhumpelte, war nicht einmal mehr mit der Bemerkung „häßlicher Mensch“ zu beschreiben. Dieses Wesen hatte kaum noch etwas Menschliches! Das vor drei Tagen noch so rassige Mädchen hatte sich innerhalb kürzester Zeit in ein ausgezehrtes Monstrum verwandelt. Der Kopf war fast auf die doppelte Größe angeschwollen. Sie trug ein verschmutztes Nachthemd, das zerfetzt von ihrem Körper herabhing. Das Nachthemd war zerrissen, weil der unförmige, geschwollene Körper es gesprengt hatte. Man konnte schon sagen, daß Angela eigentlich nackt im Raum stand. Die Arme hingen wie aufgeblasene Ballons an ihrem Körper herab. Die Hände waren nunmehr klobige Pranken. Von der blonden Haarpracht war nicht mehr viel übriggeblieben- ein paar splissige Strähnen bedeckten den unförmigen Schädel. Die Haut war durch und durch übersät von faustgroßen Fleischbällen und eitrigen Pickeln. Bei ihrem von Metastasen überwuchertem Gesicht kam Susan der lächerliche Vergleich mit einem Sträuselkuchen in den Sinn. Das Gesicht war eine unidentifizierbare Masse. Hinter den wulstigen Lippen fehlten einige Zähne. Nur das linke Auge war noch vorhanden. Da, wo das andere Auge normalerweise sitzen mußte, befand sich ein tiefes, klaffendes Loch. Der ganze Körper war überzogen von Blutergüssen.

„Ja- seht mich an,“ krächzte die Schauergestalt. Sie hatte Mühe, einigermaßen verständlich zu sprechen mit den wenigen Zähnen in ihrem Maul.

„Irgendwelche dunklen Mächte haben mich heimgesucht und mir das angetan. Nur einer oder eine konnte wissen, was mit mir los ist. Nur der, der mir das angetan hat. Nur Du, Susan!“

Die Angesprochene zuckte erschrocken zusammen.

Das Ungetüm sprach weiter: „Mein Körper verfällt immer mehr. Er ist eine einzige Krankheit. Wißt Ihr, was es für ein Gefühl ist, wenn man seine Nahrung kaum mehr bei sich behalten kann? Wenn einem die Exkremente unkontrolliert aus dem Gesäß rutschen?“

Jetzt fiel auch Susan und George der beißende Geruch in der Wohnung auf, wie in einem Viehstall. Angewidert verzogen sie das Gesicht.

Das Monster kannte keine Gnade und erzählte weiter: „In den Spiegel wage ich gar nicht reinzuschauen. Ich verfaule bei lebendigem Leibe. Es ist, als hätte ich Lepra. Heute morgen ist mir ein Auge ausgefallen, die anderen Körperteile folgen bestimmt noch. Meine Haut reißt schon an so vielen Stellen auf... Und wißt Ihr, wem ich das alles zu verdanken habe? Dir, Susan! Woher solltest Du denn wohl sonst wissen, was mit mir passiert? Aber Du wirst die Früchte deiner Schandtat nicht länger genießen. Meine Rache wird furchtbar sein!“

Es schien, als hätte Angela ihre gesamten Kraftreserven für diesen Moment aufbewahrt, denn jetzt kam plötzlich Leben in ihren geschundenen Körper. Das deformierte Mädchen stieß einen gellenden Schrei aus und stürzte sich auf die mit dem Rücken zur Wand stehende Susan. Angela schlug Susans Hinterkopf viermal gegen die Wand. Die Attackierte jammerte und wand sich in den riesigen Pranken der tobenden Furie, die übermenschliche Kräfte entwickelte.

„George!!“ schrie Susan, „George!! Hilf mir!!“

Der Angesprochene war zu keiner Reaktion fähig. Seine weichen Knie konnten ihn nicht mehr tragen, so daß er sich rücklings an der Wand heruntergleiten ließ und starr mit ausdruckslosem, blassem Gesicht in den Raum starrte.

„Wenn ich mit Dir fertig bin, können sich die Männer nur noch an Deiner verunstalteten Leiche befriedigen,“ grunzte Angela Susan entgegen.

Das Ungetüm fing an, Susan ins Gesicht zu beißen. Susan kreischte schrill in ihren Qualen, Angela fraß große Hautfetzen aus ihrem Kopf, zerkaute diese und schluckte sie. Susan fehlten bereits Oberlippe und Nasenspitze, als das Monster seine wenigen, aber sehr harten Zähne in ihre rechte Wange grub und Fleisch und Blut herausnagte. Susan zappelte in wilder Panik, doch sie konnte sich nicht aus Angelas Pranken, die ihren Hals erbarmungslos umklammerten, lösen. Verzweifelt griff Susan mit beiden Händen in Angelas Gesicht, versuchte, den Kopf der Angreiferin zurückzustoßen. Angelas Kopfhaut fühlte sich an wie weicher Brotteig. Und die Haut war sehr nachgiebig! Knirschend löste sie sich von den Knochen und ein blutverschmierter Totenschädel grinste Susan entgegen, so daß diese in blankem Entsetzen aufschrie. Angela ließ endlich von Susan ab und tastete nach dem, was von ihrem Gesicht übriggeblieben war.

„Du verdammte Nutte,“ geiferte Angela in grenzenlosem Haß.

Susan fiel zu Boden und kroch auf allen Vieren Richtung Zimmertür. Angela stürzte sich erneut auf sie und riß ihr den Minirock mitsamt Schlüpfer vom Leibe. Die Furie fraß der quengelnden Susan das Hinterteil auf, Fleischbrocken und Sehnen wurden herausgezogen und gegessen. Leblos sackte Susan in sich zusammen- sie hatte ausgelitten.

„George?“ fragte Angela, während sie noch ein Stück Fleisch zerkaute.

Der Angesprochene erhob sich schwerfällig und betrachtete Susans Leiche, die in einer tiefen Blutlache vor seinen Füßen lag. Die Analgegend seiner ehemaligen Freundin war komplett aufgerissen und gab den Blick auf ihre zerfetzten Gedärme frei, die gemeinsam mit Knochensplittern, Blut und Fäkalien immer weiter herausquollen.

„George!“ rief Angela noch mal.

„Ja...“ entgegnete George fröstelnd.

„Ich habe mich so nach Dir gesehnt.“ murmelte Angela. „Komm, laß uns kuscheln.“

Entsetzt zuckte George zusammen.

„Niemals! Äh... Laß mich gehen!“

„Du stößt mich zurück? Du bist auch nicht besser als diese Schlampe hier!“

Aus dem blutbesudelten Totenkopf auf Angelas Hals drang ein markerschütterndes Pfeifen, dann setzte sich die Halbskelettierte in Bewegung und schritt drohend auf George zu.

„Dafür werde ich Dich auch fertigmachen...“ schmatzte sie.

„Angela- Bleib stehen!“

Das Ungeheuer lachte bitter. George zückte seine Beretta, die er in seiner Jackentasche immer bei sich trug, und zielte auf Angela. Als sie das sah, drehte sie komplett durch. Kreischend stürzte sie sich auf ihren Ex- Lover. George drückte ab und traf Susans Skelettkopf. Der morsche Schädel der Monsterfrau zerplatzte wie eine Melone. Das Gehirn flog gegen die Wand und glitt langsam an der Tapete herunter, eine breite Blutspur hinter sich herziehend. Blut, Hirnmasse und Knochenteile sprudelten George ins Gesicht. Er stieß einen gellenden Schrei aus und fuhr mit dem Handrücken durch sein Gesicht. Schwankend stand Angelas zerfetzter Rumpf vor ihm. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis die Leiche endlich zu Boden fiel, wie eine Marionette, der man die Fäden durchgeschnitten hatte.

„Hahahaha!!“ lachte George irre. „Na, was sagst Du jetzt? Ich habe Dich plattgemacht!!“

Dann wurde ihm schwarz vor Augen und er fiel in Ohnmacht.

 

ENDE

 

 

 

Gore Marc

P/C 14.5.1999