30.01.2025, 20:58
Am liebsten mag ich Monster - Teil 2 ++++ Beide Teile von Emil Ferris' mehrfach ausgezeichnetem Meisterwerk liegen von Panini nun auf Deutsch vor.
Am liebsten mag ich Monster - Teil 2 der sensationellen Graphic-Novel ist erschienen!
Beide Teile von Emil Ferris‘ mehrfach ausgezeichnetem Meisterwerk liegen von Panini nun auf Deutsch vor.
Die Graphic Novel Am liebsten mag ich Monster (Orig.: My Favorite Thing Is Monsters) schlug im Jahr 2017 in den USA ein wie eine Bombe. Das über 400 Seiten starke Erstlingswerk der Autorin und Zeichnerin Emil Ferris kam quasi aus dem Nichts und begeisterte sofort die gesamte Comic-Szene. 2018 erschien der aufwändige Band dann auch in Deutschland beim Panini Verlag und sorgte hierzulande ebenfalls für überschwängliche Reaktionen. Seitdem warteten alle gespannt auf die Fortsetzung der Mystery/Crime/Coming-of-Age-Geschichte mit historischem und gesellschaftskritischem Touch. Jetzt hat das Warten endlich ein Ende: Band 2 ist erschienen und steht Band 1 wirklich in nichts nach!
Band 2 von Am liebsten mag ich Monster setzt die Geschichte der Karen Reyes fort. Die am Rand der Pubertät stehende Außenseiterin mit einem Faible für Pulp-Geschichten hat im Chicago der 1960er Jahre beschlossen, den Tod ihrer Nachbarin aufzuklären, für den sich sonst niemand zu interessieren scheint. Bei ihren Recherchen entdeckt sie weit mehr als einen (vielleicht) Mord. Sie stößt auf kriminelle Verstrickungen ihrer eigenen Familie in die Bandenrivalitäten der damaligen Zeit und einen Fall, der sich bin in die dunklen Zeiten des Nazi-Regimes zurückverfolgen lässt.
Karen muss sich im Lauf der Geschichte auch ihren eigenen Monstern stellen: Als Unterschichtenkind mit Latino-Herkunft wird sie von ihren Schulkamerad*innen gemobbt und auch physisch angegriffen. Sie ist eine Außenseiterin mit wenigen Freunden, und als wären die Probleme mit Schule, Eltern und dem Leben in einem sozialen Brennpunkt nicht schon ausreichend, verstärken die aufkeimende Pubertät und der Kampf mit der eigenen sexuellen Identität die Unbilden des Alltags noch. Wenn es für die begeisterte Monster- und Detektivgeschichtenleserin zu viel wird, zieht sie sich deswegen in eine imaginäre Welt zurück, in der Monster an die Stelle realer Personen treten. In dieser Form hält sie auch die Geschehnisse in ihrem gezeichneten Tagebuch fest, mit sich als Werwolf-Mädchen in einer Haupt-Nebenrolle.
Karens Tagebuch ist die Basis der Graphic Novels. Der Tagebuch-Stil, in dem Emil Ferris die Geschichte mit Farbstiften auf liniertem Schreibpapier zeichnete, trägt wesentlich zum Reiz der Bände bei und bedeutete gleichzeitig einen enormen Aufwand für die deutschen Adaptionen, da viele Retuschen nötig waren.
Die Mischung aus Familientragödie, Coming-of-Age, Zeitgeschichte, Gesellschaftskritik, Pulp und Krimi ist ebenso ungewöhnlich wie die Zeichnungen, die zwischen kindlichem Gekritzel, Comic, klassischer Malerei und Radierungen ähnlichen Kunstwerken wechseln. Der Genre-Mix, das mehrschichtige Storytelling, die Vielzahl künstlerischer Stile und die schiere Dicke der Bände stellen beim Lesen durchaus eine Herausforderung dar, ergeben zusammen aber ein komplexes Meisterwerk, bei dem man schnell versteht, warum das Debüt mit Auszeichnungen sowie Lob der Kritiker*innen und Fans nur so überhäuft wurde.
So ungewöhnlich wie Am liebsten mag ich Monster selbst, sind aber auch die Entstehungsgeschichte und die Person hinter dem Werk: Von Emil Ferris hatte vorher noch kaum jemand etwas gehört. Die heute über 60-jährige Amerikanerin, die wie ihre Titelheldin Fan von Pulp-Geschichten ist, verbachte ihre Kindheit ebenfalls im Chicago der 1960er Jahre. Später arbeitete sie als Illustratorin und Spielzeugdesignerin. Im Alter von 40 Jahren wurde sie infolge einer Infektion von der Hüfte abwärts gelähmt und konnte auch ihre rechte Hand nur noch eingeschränkt bewegen. Das Zeichnen mit einer speziell für sie angefertigten Feder wurde für sie zur mentalen Stütze und ein Instrument, um ihre motorischen Fähigkeiten Stück für Stück zurückzuerobern. Sie leidet zwar bis heute unter Spätfolgen der Krankheit, schaffte aber trotz aller Einschränkungen einen Abschluss an der School of the Art Institute of Chicago. Dort fing sie auch mit der Arbeit an ihrem Debüt an. Sechs Jahre kostete sie die Fertigstellung von Am liebsten mag ich Monster 1. Bis zur Veröffentlichung hatte der Band weitere Hürden zu überwinden, brachte Emil Ferris dann aber aus dem Stand heraus in den Olymp der internationalen Comic-Szene.
Teil 2 der Graphic Novel wurde seitdem heiß erwartet – die Veröffentlichung dauerte länger als von der Künstlerin und dem Verlag angekündigt. Doch das Warten hat sich gelohnt, denn Band 2 steht dem Vorgänger in nichts nach und bringt Karens Geschichte zu einem fulminanten Ende.
Aufgrund ihrer Einschränkungen ist Emil Ferris nur selten auf Comic-Conventions anzutreffen – eine Signiertour durch Deutschland musste sie 2018 leider absagen. Vom 7.11.2024 bis 11.01.2025 gibt es allerdings eine Ausstellung mit ihrer Kunst in Paris in der Galerie Martel. Im Rahmen dieser Ausstellung soll Emil Ferris auch an einigen Terminen persönlich vor Ort sein – genauere Infos finden sich auf der Website der Galerie.
Quelle und Link:
https://www.galeriemartel.com/ (externer Link!)
Letzte Aktualisierung: 30.01.2025, 20:58 Uhr
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