11:14 – elevenfourteen

Bild

Originaltitel: 11:14 Alternativtitel: Reflex
Darsteller: Henry Thomas (Jack), Blake Heron (Aaron), Barbara Hershey (Norma), Clark Gregg (Officer Hannagan), Hilary Swank (Buzzy), Shawn Hatosy (Duffy), Stark Sands (Tim), Colin Hanks (Mark), Ben Foster (Eddie), Patrick Swayze (Frank), Rachael Leigh Cook (Cheri), Jason Segel (Leon -Sanitäter #1), Rick Gomez (Kevin –Sanitäter #2)
Produktionsfirma: Media 8 Entertaining
Produktion: Beau Flynn, John Morrissey, Raju Patel
Regie: Greg Marcks
Drehbuch: Greg Marcks
Kamera: Shane Hurlbut
Musik: Clint Mansell
Schnitt: Lou Carlucci
Spezialeffekte: Pau Loewe
Verleih: 3L Filmverleih
Erstaufführung: Frankreich 16.5.2003 (Cannes Film Festival), 30.6.2003 (München Fantasy Filmfest) (Premiere), 18.8.2003 (Hamburg Fantasy Filmfest), 1.9.2005 3L Filmverleih Kinostart e-m-s 2.3.2006 USA / Canada 2006
82:08 Minuten (+ Zusatzmaterial: US-Originaltrailer 1:32; Deutscher Kinotrailer FSK 12 1:30; Deutscher Kinotrailer FSK 16 1:33; TV-Spot 1 0:16; TV-Spot 2 0:16; Hinter den Kulissen 14:06; Interviews: Hilary Swank 5:18, Rachel Leigh Cook 2:32, Patrick Swayze 1:53, Colin Hanks 3:36, Henry Thomas 4:09, Ben Foster 3:17, Regisseur: Greg Marcks 3:32) 12 Kapitel
Widescreen 1,85:1 anamorph
Deutsch Dolby Digital 5.1, Englisch Dolby Digital 5.1, Deutsch DTS; Untertitel: deutsch
Ländercode: 2 DVD-9 (7,86 GB) 16 Seiten Booklet FSK: 16


Inhalt:
Jack fährt angetrunken auf einer Landstraße, während er mit seiner Freundin telefoniert – die Verbindung reißt ab, als gerade am Ortsschild von Middleton vorbeifährt. Wenige Sekunden später, genau um 11:14pm, schlägt kurz nach einer Brücke etwas auf seiner Windschutzscheibe auf – wie sich zeigt ein Mensch, der nun sehr tot ist. Zu allem Überfluss kommt in diesem Augenblick auch Norma vorbei, die das Ganze für einen Wildunfall hält und gleich die Polizei verständigt. Officer Hannagan stellt dann auch schnell fest, dass Jack nicht nur getrunken, sondern auch keinen Führerschein mehr hat, und nimmt ihn fest – nicht zuletzt weil er auch noch den Toten im Kofferraum findet. Als jedoch der Polizeiwagen zu voll ist, und es zu einem Wortgefecht mit den beiden bereits verhafteten Buzzy und Duffy kommt, kann Jack mit seiner Flucht durch die Nacht beginnen…

Meinung:
Greg Marcks, zum Zeitpunkt der Fertigstellung 27 Jahre alt und bislang lediglich den Kurzfilm Lector nach eigenem Script verwirklicht, liefert mit 11:14 sein Fullfeature Debut ab. Auch hierfür schrieb er das Drehbuch, nach einer Idee, die ihm bereits seit einiger Zeit im Kopf herumschwirrte – ein bestimmter Zeitpunkt der aus allen möglichen Blickwinkeln auseinandergenommen wird. Als Hilary Swank das Geschriebene las, gefiel es ihr so gut, dass sie nicht nur eine eigentlich männlich angelegte Rolle für sich umschreiben ließ, was sich nach ihren Angaben sehr leicht war. Sie reihte sich auch gleich in die Riege der Executive Producer ein, um das aus ihrer Sicht vielversprechende Talent zu unterstützen. Sieht man sich das Ergebnis an, dass so manchen Big Budget Streifen übertrumpft – mit „lediglich“ sechs Millionen Dollar – war die Entscheidung auf jeden Fall richtig. Einfach angelegt dreht sich der Film lediglich um den Zeitraum kurz vor und nach der titelgebenden Uhrzeit 11:14, nur halt aus fünf verschiedenen Sichtweisen. Jedes mal wird eine andere Geschichte mit anderen Personen erzählt, doch an irgendeiner Stelle treffen sich die Geschichten stets untereinander auf mehr oder minder überaschende Weise. Sowohl übermäßige Logik (wie wahrscheinlich sind so viele Geschehnisse in einer Nacht in der absichtlich so kleinen und leeren Stadt?), als auch tiefergehende Aussagen sucht man bei diesem Stück Verwirrkino vergebens. Doch das ist bei den guten achtzig Minuten auch gar nicht von Nöten, weil es einfach die ganze Zeit genug zu sehen gibt. Relativ glaubhaft in der amerikanischen Provinz platziert, entfaltet sich die recht einfach gehaltene Handlung, die jedoch stets als zentralen Bestandteil die Verlustängste der Protagonisten mitführt. Ob es nun um die Freiheit, die trostlose Zukunft, das eigene Kind oder den Job geht – immer wieder scheint es kaum Hoffnung zu geben. Bedingt durch die immer wieder anderen Sichtweisen kommt es natürlich zu Dopplungen von Szenen, doch diese haben jedes Mal einen anderen Grundton. Außerdem wird nach und nach immer mehr von den Hintergründen und wahren Begebenheiten aufgedeckt, was bei der zweiten Sichtung natürlich nicht mehr so überraschend ausfällt. Dabei macht es dann aber einfach Spass, das Gesehene mit dem wahren Leben zu vergleichen und sich vorzustellen, was anders gelaufen wäre, wenn… Denn trotz der Tatsache, dass es eigentlich keine Identifikationsfigur gibt, weil ständig die Akteure wechseln, ist der Drang des „Zurechtrückens“ geweckt. Ähnliche Werke wie Memento oder noch eher Pulp Fiction scheinen als Vorbilder herangezogen worden zu sein, doch Greg Marcks hat offensichtlich gar nicht die Intention die hochgradige Verschachtelung oder genialen Dialoge zu kopieren. Vielmehr ging es darum, einen frischen und spritzigen Streifen mit etlichen „Shit Happens“ Momenten und einer starken Prise schwarzem, teils auch makaberen Humor abzuliefern, und das ist ihm auf jeden Fall gelungen. Das Lachen fällt sogar bei einigen schon recht derben Momenten durch die übertriebenen Charakterzeichnungen recht leicht, zumal eine auf den ersten Blick verwirrend heitere Hintergrundmusik gewählt wurde. Umgesetzt mit schnellen Schnitten und ungeglätteter Handkamera ist das Produkt für die Altersklasse der Crew gedacht, und diese wird auch ihre Freude daran haben. Henry Thomas (Desperation), der seinerzeit als Junge in E.T. – Der Außerirdische (E.T. the Extra-Terrestrial) dem kleinen knubbeligen Wesen beigestanden hat, läutet hier recht gut das Gesehene ein. Als alkoholisierter Autofahrer hat er dabei eine der undankbarsten Rollen, doch er schafft es mit seiner Verplantheit einen gewissen Sympathiebonus zu erspielen. Blake Heron (Wir waren Helden, Allein gegen die Zukunft, Picket Fences – Tatort Gartenzaun) bleibt eher weniger im Gedächtnis haften. Barbara Hershey (Falling Down – Ein ganz normaler Tag), die unter anderem durch ihre Auftritte in Serien wie Chicago Hope – Ärzte kämpfen um Leben bekannt sein dürfte, zeigt von der Intensität her eine der überzeugendsten Leistungen des Films. Sie legt eine überraschende Tiefe in die Figur, die so sicherlich nicht im Drehbuch zu finden war. Für Clark Gregg (Wir waren Helden, One Hour Photo, A. I. – Künstliche Intelligenz) dürfte die Rolle der Staatsexekutive durch seine Serienerfahrung schon zur Routine geworden sein, und genauso setzt er sie hier um. Hilary Swank (The Core – Der innere Kern, Insomnia – Schlaflos, Buffy, der Vampirkiller) hat auf der anderen Seite offensichtlich Spass an dem von ihr mit produzierten Projekt, da sie nicht zuletzt durch Zahnspange und Mut zur Hässlichkeit in jeder Beziehung alles gegeben hat. Leistungen wie in Million Dollar Baby, für den sie einen Oskar bekam, sind freilich schon aufgrund der schwachen Charakterzeichnung nicht zu erwarten. Doch was das äußerst leichte, unverkrampfte Spiel angeht, gehört dieses auf jeden Fall zum Besten, was der Film zu bieten hat. An ihrer Seite macht Shawn Hatosy (Numb3rs – Die Logik des Verbrechens, The Cooler – Alles auf Liebe, Six Feet Under – Gestorben wird immer) zwar eine gute Figur, doch im Gegensatz zu ihr wirkt sein Spiel an wenigen Stellen etwas hölzern. Bei Stark Sands (Nip/Tuck – Schönheit hat ihren Preis) und Colin Hanks (Peter Jackson's King Kong), dem Sohn von Tom Hanks, sieht es jeweils noch weniger gut aus – sie liefern eine einfache Umsetzung des Drehbuchs, ohne zusätzliche Tiefe einzubringen. Überraschend gut weiß hingegen Ben Foster (30 Days of Night, X-Men – Der letzte Widerstand, The Punisher) zu überzeugen, da er in dieser Rolle etwas aus seiner Jugend wiederbelebt. Seine Umsetzung des zugleich frustrierten und rebellischen Kleinstadtjungen wirkt glaubhaft. Zwar sieht er genauso aus wie in seiner TV Rolle von Six Feet Under – Gestorben wird immer, aber trotzdem kann er sich recht schnell von diesem ersten Eindruck freispielen. Überraschend ist das Mitspielen von Patrick Swayze (To Wong Foo, Gefährliche Brandung, Unglaubliche Geschichten) sicherlich spätestens seit seinem Mitwirken in Donnie Darko – Fürchte die Dunkelheit nicht mehr. Seinem früheren Ruf als schlechte Schauspieler/Sänger Kombination wird er erfreulicherweise nicht gerecht und zeigt neben einer recht guten Performance auch noch Mut zur Hässlichkeit mit einem fetten Bauchkissen. Der Preis für die größte Durchtriebenheit geht derweil auf jeden Fall an Rachael Leigh Cook (Eine wie keine), die offensichtlich auch viel Spass an den charakterlichen Eigenheiten ihrer Figur hatte. Sie ist die dritte Darstellerin, zusammen mit Swank und Hershey, die so richtig Leben in den Film bringen, und ihn über weite Strecken damit ausfüllen. Es zeigt sich dabei auch klar, dass der Film eine Zusammenarbeit zwischen Regisseur und Darstellerinnen war. Leider konnten diese keinen Knalleffekt am Ende mehr beisteuern, ohne den irgendwie etwas fehlt. Eine Missachtung des amerikanischen Kinos – der Film ging direkt in die Videotheken – hat 11:14 jedoch auf jeden Fall nicht verdient. Hierzulande erschien der Film nach der Premiere auf dem Fantasy Filmfest zwar erst mit zwei Jahren Verzögerung in den Kinos, aber immerhin fand er dort einen Platz.

Ausstattung:
Das Bild der fast schon als Special Edition durchgehenden e-m-s Veröffentlichung ist insgesamt recht ausgewogen. Dadurch dass der Film komplett in der Nacht spielt und das Budget für hochklassiges Filmmaterial nicht gereicht hat, ist nur wenig Farbe enthalten und auch die Schärfe ist zurückgenommen, was den schmutzigen Look des Films unterstützt. Der Kontrast ist gut und der Schwarzwert stimmt auch größtenteils – lediglich ein ständig vorhandenes leichtes Rauschen ist zu sehen.
Für den Ton gilt in etwa das Gleiche, denn auch hier hätte man mit mehr Geld sicherlich auch mehr Räumlichkeit auf die Boxen zaubern können – so ist es neben ein paar vereinzelten Momenten vor allem der Score, der sich auf den hinteren Lautsprechern wiederfindet. Doch das ist nicht unbedingt notwendig, da durch die inhaltlich zwar recht hektische, tonal jedoch eher ruhige Handlung nur wenig Gelegenheit für akustische Rundumschläge gewesen wäre. Dialogtechnisch gibt es in keiner der drei Spuren etwas zu meckern, und auch beim Subwoofer kommt stets was nettes heraus – wirkliche Unterschiede gibt es hier nicht zu vermelden, so dass, auch aufgrund der gelungenen Synchro, nicht zwingend auf die deutschen Untertitel zurückgegriffen werden muss.
Sowohl Aufmachung als auch Ausstattung kommen sehr nah an eine Special Edition heran und so bekommt der Filmfreund ausnahmsweise mal mehr für weniger. Das fängt beim netten Pappschuber an, der neben dem Amaray Case auch noch ein sechzehn seitiges, sehr informatives, Booklet beinhaltet. Außerdem gibt es ein schön gestaltetes Menü, in welchem auf dem Weg von einem in den anderen Teil optisch und akustisch der Weg über die Straßenkreuzung des Films nachgefahren werden. Es hat zwar nicht alles Zusatzmaterial der amerikanischen DVD den Weg auf die Veröffentlichung von e-m-s geschafft, doch für einen so kleinen Film wie 11:14 reicht es allemal. Neben US-Originaltrailer sowie je einem Deutscher Kinotrailer in FSK 12 (etwas „gestutzt“) und FSK 16 gibt es an der werbetechnischen Front noch 2 TV-Spots – bis auf die deutschen Trailer nichts anamorph und die Trailer verraten etwas zu viel von der Handlung. Ganz unterhaltsam ist das viertelstündige Hinter den Kulissen, bei dem eine B-Roll mit Untertiteln abläuft, bei der man unter anderem den Aufbau von Szenen gut nachverfolgen kann. Demgegenüber sind die Interviews mit Hilary Swank, Rachel Leigh Cook, Patrick Swayze, Colin Hanks, Henry Thomas, Ben Foster und Regisseur: Greg Marcks leider recht eintönig. Es werden stets die gleichen Fragen gestellt und die Antworten sind unisono Lobgesänge auf alles und jeden, bei dem teilweise noch beim Beantworten der Frage das Interview zusammengeschnitten wurde.

Fazit:
Lohnenswerter „kleiner“ Film, der einfach sehr viel Spass macht – in erstaunlich guter Aufmachung zum kleinen Preis !!!

© Heiko Henning
19.3.2007


Infos beim Vertrieb/Verlag:
http://www.e-m-s.de/dvd.php?name=115910 (externer Link!)




Letzte Aktualisierung: 14.04.2024, 14:42 Uhr
(c) Twilightmag 2024
Version: 5.5