Bad Guy

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Originaltitel: Nabbeun Namja Alternativtitel: Bad Guy
Darsteller: Cho Jae-Hyeon (Hang-Gi), Seo Won (Sun-Hwa), Kim Yoon-Tae (Jeong Tae), Choi Duk-Moon (Myung Soo), Kim Jeong-Young (Eun Hye), Choi Yoon-Young (Hyun-Ja), Shin Yoo-Jin (Min-Jung), Nam Gung-Min (Hyun-Su)
Produktionsfirma: LJ Film Production, Tube Entertainment, CJ Entertainment
Produktion: Lee Seung-Jae
Regie: Kim Ki-Duk
Drehbuch: Kim Ki-Duk
Kamera: Hwang Chul-Hyeon
Musik: Park Ho-Joon
Schnitt: Ham Sung-Won
Verleih: e-m-s
Erstaufführung: 2005 e-m-s 22.12.2005 Südkorea 2001
102:38 Minuten (+ Zusatzmaterial: Making of Featurette 3:30; Etta Scollo „I Tuoi Fiori“ Videoclip 4:53; Carola „Blott En Dag“ Videoclip 3:31; Originaltrailer 2:18; Bildergalerie 3:21; Der Regisseur Kim Ki-Duk 9 Seiten; Interviews: Cho Jae-Hyeon 7:34, Seo Won 6:46, Choi Duk-Moon 6:06, Kim Jeong-Young 5:44, Kim Yoon-Tae 5:23), 4 Seiten Booklet, 20 Kapitel
Widescreen 1,85:1 anamorph
Deutsch Dolby Digital 5.1, Koreanisch Dolby Digital 5.1; Untertitel: deutsch
Ländercode: 2 DVD-9 FSK: keine Jugendfreigabe


Inhalt:
Der fast wie ein Sträfling aussehende Hang-Gi sieht die junge Kunststudentin Sun-Hwa und verfolgt sie, bis diese sich schließlich auf eine Parkbank setzt und dort auf ihren Freund wartet. Kurz nachdem dieser eingetroffen ist, geht Hang-Gi schnurstracks auf die Studentin zu und drückt ihr gewaltsam einen Kuss auf die Lippen. Noch nicht einmal ein paar dazukommende Soldaten können ihn mit Prügel dazu überreden, auf die Forderung von Sun-Hwa nach einer Entschuldigung einzugehen; auch als sie ihn beschimpft und anspuckt kommt kein Wort über seine Lippen. In einem Laden lockt einer der beiden Kumpane von Hang-Gi sie dann mit einem geklauten Portmonee in die Falle, durch die sie ihren Körper als Pfand für Geld anbieten muss. Da sie natürlich in so kurzer Zeit das geliehene Geld auftreiben kann, wird sie auf den Strich gezwungen. Dort beginnt ihre Tortur als Prostituierte im Freudenhaus von Hang-Gi – der scheinbar stumme Zuhälter beobachtet sie derweil beim Besuch von Freiern durch einen einseitigen Spiegel…

Meinung:
Der Titelgebende Bad Guy steht gleich in den ersten Sekunden fest, nur damit der Zuschauer immer mehr von seiner Meinung abrücken muss. Der kein Wort sprechende wie ein Knacki herumlaufende Unsympath wirkt nicht cool, sondern vielmehr bestimmt und gleichzeitig unbeholfen. Langsam wird klar, dass die von ihm ausgeführte Gewalt lediglich offenbart, dass er nie einen anderen Weg kennen gelernt hat, seine Gefühle zu offenbaren. Geradezu emotionslos nimmt der Soziopath Demütigungen und auch Verletzungen hin – ein Lächeln sieht man auch nie auf seinen Lippen. Nur Gewalt und Schmerz scheinen den Weg in sein Herz zu finden, und so schlägt der Hass gegenüber dem „Bad Guy“ langsam aber sicher in Unverständnis und schließlich Mitleid für sein trauriges Schicksal um. Angesichts der vorherrschenden, meist gegen Frauen gewandten, Gewalt befindet sich der Zuschauer in einem ähnlichen Chaos der Gefühle wieder, welches bei ihm zwischen Abscheu und Verständnis für die Taten schwankt. Das bedingt jedoch, dass sich der Zuschauer unvoreingenommen auf den Film einlässt, was man beispielsweise von etlichen Feministinnen im eigenen Land nicht sagen kann, da die Geschichte über eine Hure von diesen sofort als klares Beispiel für männliche Gewalt verschrien wurde. Das ist zwar nicht ganz falsch, doch wird die Gewalt nicht heroisch dargestellt, sondern als das, was sie wirklich ist – grausam real und unverständlich. Kim Ki-Duk zeigt dabei einen Ausschnitt aus dem Leben, wie er es empfindet: jeden Tag begegnen ihm Missverständnisse im alltäglichen Leben, die ihn massiv frustrieren. Der Regisseur macht es dem Zuschauer sicherlich nicht leicht, das Gesehene zu verstehen oder handlungstechnisch gar zu akzeptieren, da keine wirkliche Identifikationsfigur geboten wird. Die Hauptfigur verliert fast kein einziges Wort und drückt seine Gefühle nur über Gewalt aus – sei sie nun selbst oder fremd ausgeübt. Auf der anderen Seite kann Hang-Gi sich seiner Angebeteten nur nahe fühlen, wenn er sie heimlich in ihrem Schmerz beobachtet, wobei man klar sieht, dass er in diesen Momenten mit ihr leidet. Die klare Unterscheidung von Gut und Böse bleibt dabei außen vor, die Figur wird möglichst neutral beobachtet. Die weibliche Hauptrolle ist ebenfalls nicht zur Identifikation geeignet – schon gar nicht für die weiblichen Zuschauer. Sun-Hwa erscheint zunächst als unschuldiges Wesen, welches von ihrer Umwelt mit Gewalt in eine Rolle gepresst wird, die sie abgrundtief hasst. Doch auch sie ist nicht so eindimensional als Opfer angelegt, und zeigt nach und nach andersartige Wesenszüge, die nicht wirklich rational zu erklären sind. Diese emotionalen Entscheidungen sind zudem auch nicht alleine durch das Stockholm-Syndrom – in diesem Fall das solidarisieren vom Opfer mit dem Täter bis hin zu emotionalen Bindungen – zu erklären. Es zeigt auch hier, dass ein Mensch nicht nur eine Ansammlung von logisch angeordneten Stereotypen ist, sondern eine ganz individuelle Entwicklung im Zusammenspiel mit seiner Umwelt durchmacht, durch die er von keinem anderen Menschen in jedem Belang vollends verstanden werden kann. Die Opferrolle mit aller Gewalt und allen Demütigungen, die sie über sich ergehen lassen muss, brachte Ki-Duk einige harsche Kritik ein, doch erscheint sie in einem ganz anderen Licht, wenn man den Kommentar des Regisseurs selbst dazu liest: „Ich sehe Frauen auf einer höheren Ebene als Männer. Sie haben etwas zu bieten, das die Männer brauchen, wofür sie sogar zu zahlen bereit sind.“ Sicherlich kann man sich mit solchen Aussagen nicht von den enthaltenen voyeuristischen Elementen nicht frei machen, doch sie verdeutlichen, dass es sich hier um eine Studie von Menschen und ihrem Teil der Gesellschaft handelt, deren Handeln nicht glorifiziert wird. Die Inszenierung richtet sich dabei vor allem auf die optischen Möglichkeiten aus und setzt weniger Gewicht auf das eigentliche narrative, das Erzählerische der Geschichte. Die Bilder sind sehr ästhetisch ins Szene gesetzt, vor allem wenn man bedenkt, dass sie die gewalttätige Welt der Zwangsprostitution zeigen. Dabei offenbart sich deutlich der Einfluss Kim Ki-Duks vorheriger Tätigkeit als Maler und der des Kunststudiums, welches er in Paris absolviert hat. Den Bildern von Egon Schiele, der einige „gefallene Frauen“ in seinen Werken thematisierte, wird sogar innerhalb der Handlung ein besonderer Stellenwert eingeräumt. Eingefangen wird das Ganze mit sehr passender Ausleuchtung von einer äußerst adäquaten Kameraführung, die das Leben außerordentlich plastisch auf Zelluloid bannt. Abgerundet es durch einen stimmigen Soundtrack, der – wie könnte es anders sein – auch einige Pop Elemente beinhaltet. Inmitten der ins Neonlicht getauchten Szenerie sind allerdings die wahren Edelsteine des Films die beiden Hauptdarsteller. Cho Jae-Hyeon leistet in seiner Rolle als soziopathischer Zuhälter Beachtenswertes, zumal er dabei alleine mit seiner Mimik und Körpersprache auskommen muss. In seinem Gesicht kann der Zuschauer die Tragik der Figur ablesen und alleine durch die Anwesenheit des Charakters dessen Gefühlsleben erkennen. Die Vorbereitungen, die Jae-Hyeon für die Figur getroffen hat, haben erstaunliche Früchte getragen und machen gespannt auf die nachfolgenden Projekte des Schauspielers. Die ihm zur Seite gestellte Seo Won versteht es ebenfalls grandios, die außerordentliche Vielschichtigkeit der Rolle zu verkörpern. Durch das Drehbuch wird sie dabei zwar teils etwas in den Hintergrund gestellt, doch diesen Umstand macht sie mit umso nachhaltigerem Spiel wett. Auch die tragischen Nebenrollen sind gut besetzt, wissen das Set auszufüllen und die Handlung voranzutreiben. Insgesamt erwartet den Zuschauer eine irritierende Geschichte um eine tragische Form von Liebe, die nachhaltig einen Eindruck hinterlässt. Sicherlich ist das Geschehen für westliche Zuschauer zum großen Teil nicht logisch nachvollziehbar, was aber mehr am fehlenden Verständnis für die Südkoreanische Mentalität liegt. Vor allem das scheinbar zaghafte Aufbegehren gegen die Prostitution und der fehlende Gang zur Polizei wären hierzulande undenkbar. Was allerdings wirklich an wenigen Stellen negativ auffällt, sind ein paar ins Auge fallende Continuity Fehler. Der Film hat Kim Ki-Duk übrigens 2002 eine Nominierung für einen goldenen Bären auf der Berlinale und einen Orient Express Award in Sitges eingebracht – Seo Won bekam einen Grand Bell Award beim gleichnamigen Festival als beste Jungdarstellerin.

Ausstattung:
Das Bild des lohnenswerten Films aus Südkorea ist mit einer sauberen Kompression ausgestattet, die nur wenig Rauschen oder Blockbildung verursacht. Die Schärfe und Detailzeichnung ist nicht ganz so gut ausgefallen, was zusammen mit den als Stilmittel gewählten Farbreduktionen für ein nicht so üppiges Bilderlebnis sorgt. Störend sind auch einige Nachzieheffekte in schnellen Schwenks, die allerdings bei asiatischen Produktionen schon fast selbstverständlich sind.
Die beiden Dolby Digital 5.1 Spuren – es steht diesmal kein DTS zur Verfügung – bieten guten Ton in Deutsch und Koreanisch. Da es sich um einen ruhigen Film handelt, bei dem nicht die Kugeln umherschwirren, oder gar Explosionen für Action sorgen, sind die direktionalen Effekte oder der Einsatz des Subwoofers fast ausschließlich auf die Musik beschränkt. Die deutsche Synchronisation ist sauber umgesetzt und leistet sich keine Schnitzer – weder bei den Texten noch bei der Auswahl der Sprecher.
An Zusatzmaterial gibt es für eine reguläre Edition eine ganze Menge geboten, angefangen bei der interessanten Making of Featurette, die aus Bildern vom Film und vom Set zusammengesetzt ist und mit Industrial Musik untermalt wurde. Unterhaltsam dann die beiden Videoclips Etta Scollo „I Tuoi Fiori“ und Carola „Blott En Dag“, die in anamorphen Bildern aus jeweils anderen Blickwinkeln den Film in Ausschnitten wiedergeben. Ein Originaltrailer wie eine Bildergalerie dürfen natürlich auch nicht fehlen – leider nicht in anamorpher Form sondern als Fullscreen. Der Regisseur Kim Ki-Duk wird auf einigen Textseiten zusammen mit seinem Schaffen vorgestellt, doch der Lebenslauf wirkt irgendwie insgesamt etwas trocken. Zum krönenden Abschluss gibt es noch Interviews mit Cho Jae-Hyeon, Seo Won, Choi Duk-Moon, Kim Jeong-Young und Kim Yoon-Tae, denen jeweils die gleichen Fragen zum Dreh, dem Regisseur und sich selbst gestellt werden, was interessante Informationen zu den Arbeitsweisen preisgibt. Essentiell ist außerdem das beiliegende Booklet mit einem kurzen Interview, in welchem Kim Ki-Duk einen für den Zuschauer hochgradig wichtigen Einblick in seine Gedankenwelt bietet und so einige Missverständnisse über den Film aus dem Weg räumt.

Fazit:
Lohnenswerte, aber eher schwer verdauliche Kost aus Südkorea über ein Thema das hierzulande auf diese Weise nicht angegangen wird !!!

© Heiko Henning
22.1.2006


Infos beim Vertrieb/Verlag:
http://www.e-m-s.de/dvd.php?name=115793 (externer Link!)




Letzte Aktualisierung: 31.10.2024, 13:52 Uhr
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