Inugami – die Verfluchten

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Originaltitel: Inugami
Darsteller: Yuki Amami (Miki Bonomiya), Atsuro Watabe (Akira Nutahara), Eugene Harada (Seiji Doi), Shiho Fujimura (Tomie Bonomia), Kazuhiro Yamaji (Takanao), Kanako Fukaura (Momoyo Bonomia), Shion Machida (Sonoko Bonomia), Kenichi Yajima (Michio Bonomia), Masato Irie (Hirofumi Bonomia), Makoto Togashi (Hide, die Schwester), Torahiko Hamada (alter Mann in Schwarz), Myu Watase (Rika Bonomia), Keiko Awaji (Katsuko Doi), Koichi Sato (Mimoto, der Jäger)
Produktionsfirma: Kadokawa Shoten, Asmik Ace Entertainment Inc.
Produktion: Masato Hara
Regie: Masato Harada
Drehbuch: Masato Harada Vorlage: Novelle von Masako Bando
Kamera: Junichi Fujisawa
Musik: Takatsugu Muramatsu
Schnitt: Soichi Ueno
Spezialeffekte: Hajime Matsumoto
Verleih: e-m-s
Erstaufführung: 2001 e-m-s 3.2.2005 Japan 2001
101:09 Minuten (+ Zusatzmaterial: 23 Seiten), 16 Kapitel
Widescreen 1,85:1 anamorph
Deutsch Dolby Pro Logic, Japanisch Dolby Pro Logic, Deutsch Dolby Digital 5.1, Japanisch Dolby Digital 5.1; Untertitel: deutsch
Ländercode: 2 DVD-9 FSK 16


Inhalt:
Akira Nutahara zieht mit Motorrad und Kamera durch die Lande – da ihm der Sprit ausgegangen ist, lässt er sich von dem gesprächigen Seiji Doi in den nächsten Ort mitnehmen: die verschlafene Provinz Omine. Dort leben mit den Doi und den Bonomiya zwei Familien, die offensichtlich durch eine alte Fehde verbunden sind. Eine der seit etwa 800 Jahren dort in alter Tradition lebenden Bonomiyas ist Miki, die seit sie denken kann ihr althergebrachtes Papier von Hand schöpft. Doch diesmal scheint etwas nicht in Ordnung zu sein, denn wie von böser Geisterhand werden ihre frisch aufgestellten Papiere in den Dreck geworfen – kurz bevor Akira, der den Ort durchforscht, bei ihrer abgelegenen Werkstatt ankommt. Der Lehrer und Kalligraph findet sofort Gefallen an der schüchternen Papiermacherin, die mit 41 Jahren deutlich älter als er selbst ist, was sich allerdings im Laufe der nächsten Tage ändert, als Miki regelrecht aufblüht und ihre Jugend zurückzukehren scheint. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille, denn auf der anderen Seite geschehen immer mehr Unglücke, die anscheinend allesamt mit den bösen Inugami – den Hundegottheiten – zu tun haben. Diese in eine Urne eingeschlossenen Wesen werden von der Bonomiya Familie seit Generationen gehütet, da sie ihnen ihren Reichtum zu verdanken haben – nun scheint allerdings der Fluch des Hütens ganz andere Dimensionen anzunehmen…

Meinung:
Wer nach dieser Inhaltsangabe allerdings einen der „üblichen“ Vertreter des japanischen Geisterkinos erwartet, wird sicherlich von Inugami überrascht. Der eher für recht zornige Werke bekannte Regisseur Masato Harada, der unter anderem auch als Darsteller in The Last Samurai zu sehen war, setzt hier auf die Schilderung des Lebens in einem verträumten, rückständigen Dorf. Dabei begeistern vor allem die wunderschönen Landschaftsaufnahmen der über 500 Jahre alten Zedernwälder, die den Zuschauer sofort an einen traumhaften Ort entführen. Die häufig Nebelverhangene Landschaft wird mit einer anmutigen und zugleich innovativen Kameraführung eingefangen, und jede Stimmung scheint optisch aus diesen Momenten zu entspringen. Wie auch die ursprünglichen Wälder wirken die recht simplen Holzhütten fast meditativ auf den Zuschauer. Äquivalent dazu sind auch die in Tradition lebenden Bonomiya, die geradezu fanatisch nach althergebrachten Sitten ihren Alltag verbringen: ohne Strom und ähnliche Annehmlichkeiten – auch das Fotografieren von ihren Familienmitgliedern ist nicht erlaubt. Demgegenüber stehen die von moderner Zivilisation geprägten Doi, die Dinge wie E-Mails oder Mobiltelefone wie selbstverständlich nutzen, was als ständiger unterschwelliger Diskurs geführt wird. Dieser rührt sicher nicht von Ungefähr, denn Harada brachte etliche Jahre in Amerika zu, wo er auf eine Kultur stieß, die japanische Ideale überhaupt nicht zu kennen schien. Als er sein Vorbild, den Hollywood Regisseur Howard Hawks, auf einem internationalen Filmfest kennen lernte blieb er bis zu dessen Tod 1977 (mit 81 Jahren) in den USA. Da ihm die heimischen Stoffe und die entsprechenden Möglichkeiten des Filmemachens abgingen, kehrte er zurück, und zeigt mit diesem Film einmal mehr, wie komplex und intelligent die Handlungen von Filmen sind, die aus Ländern stammen, die nicht Amerika heißen. Allerdings hat das hier, vor allem bei europäischem Publikum, nicht nur positiven Charakter, denn der eine oder andere nicht so aufmerksame Zuschauer wird bei den Sprüngen zwischen den Schauplätzen das eine oder andere wichtige Detail nicht mitbekommen. Die Aufteilung in Kapitel verwirrt zudem noch mehr und insgesamt bleibt wohl am Ende der eine oder andere vor dem Bildschirm angesichts des Finales etwas ratlos zurück. Trotzdem ist das Gesehene an manchen Stellen etwas vorhersehbar, was in diesem Zusammenhang negativ auffällt. Überraschend ist hingegen die Tatsache, dass sehr offen solche Tabus wie Inzest thematisiert und zu einem zentralen Bestandteil gemacht werden. Diese offene Provokation zog im Heimatland auch eine entsprechend hohe Alterseinstufung nach sich, die vom Gesehenen her alleine völlig unhaltbar gewesen wäre. Zwar wird eine Liebeszene zwischen zwei minderjährigen Geschwistern gezeigt, doch auch das ist, wie alle anderen Einstellungen, in schönen und bezaubernden Bildern eingefangen, die alles als harmlos erscheinen lassen. Die mystischen Elemente der Geschichte, die den Tatsachen ebenfalls ein teils etwas anderes Aussehen verleihen, beruhen teilweise sogar auf realen Begebenheiten. Beispielsweise der Mythos der Inugami entstammt ländlichem Glauben, wonach reicheren Familien nachgesagt wurde, sie wären mit den Hundegottheiten im Bunde. Auch sind Fragmente aus japanischen Überlieferungen wie die der Bestie Nue enthalten, die zu einem schaurigen Potpourri gemischt werden. Inhaltlich sind die nur durch ihre Taten sprechenden Dämonen eher eine Analogie zu der dämonischen Seite der Menschen, weshalb sie sich auch nicht wirklich manifestieren. Durch sie wird eine meist unterschwellig bedrohliche Atmosphäre geschaffen, die den Zuschauer bezüglich der Hintergründe häufig im Unklaren lässt. Dabei fragt man sich jedoch ab und an, ob Harada nun eine Geschichte über Geister oder das enge, abgeschiedene Zusammenleben von Menschen mit den entsprechenden Konsequenzen erzählen will. Die wohldosiert eingesetzten Effekte sind stets überzeugend umgesetzt und verfehlen zu keiner Zeit die angepeilte Wirkung. Für einige der Schockmomente soll angeblich der Sohn des Regisseurs, Eugene Harada, verantwortlich sein, der Dario Argento als eines seiner Idole angibt. Das scheint nicht sehr unwahrscheinlich, angesichts der Tatsache, dass er in der Rolle des Seiji Doi viel Zeit am Set zugebracht haben dürfte, in der er dem Vater den einen oder anderen Vorschlag unterbreitet haben dürfte. Die Befürchtung, dass ein untalentierter Familienangehöriger durch Vitamin B an eine Rolle gekommen ist, bewahrheitet sich hier nicht – Eugene liefert eine saubere Darstellung ab. Yuki Amami gibt in der Hauptrolle eine noch deutlich routiniertere Arbeit ab, mit welcher sie Miki Bonomiya viel Plastizität verleiht – als Belohnung hierfür erhielt sie bei internationalen Filmfestspielen 2001 in Sitges den Blue Ribbon Award als beste Schauspielerin. Auch Atsuro Watabe braucht sich mit seiner Darstellung des Akira Nutahara nicht zu verstecken, zumal er sehr gut mit Amami harmoniert. Ähnlich berauschend ist die wunderschöne Musik, die gerade Liebesszenen und Landschaftsaufnahmen in ungeahnte Höhen erhebt. Schlussendlich kann man Inugami jedem Freund von optischen Meisterwerken aus Japan empfohlen werden, denen eine etwas schwerer verfolgbare Handlung nichts ausmacht.

Ausstattung:
Das Bild stört diesen Eindruck nicht, da außer ein paar analogen Defekten zu Anfang während des Films ein sauberer Transfer stattfindet. Der Kontrast ist tadellos, und nur die Schärfe wirkt gerade bei schnellen Schwenks etwas schwach, was jedoch angesichts der weich gezeichneten Vorlage sicherlich ein Stilmittel des Regisseurs ist. Die Farben sind nicht überaus kräftig, was ebenfalls darauf hinweist, dass ein möglichst harmonischer und sanfter Eindruck erzeugt werden sollte.
Der Ton kann auf allen Spuren überzeugen, wenn man auch bei 5.1 nicht allzu viel Räumlichkeit erwarten darf, da es sich hier keinesfalls um einen Actionfilm handelt. Von etwas mehr Dynamik hätte jedoch sicher auch der beeindruckende Soundtrack profitiert – hier sind es vor allem Dialoge, die mit auf die hinteren Kanäle gelegt werden. Warum allerdings wieder die Pro Logic Spur als Standard eingestellt ist, und der Zuschauer erst auf 5.1 umschalten muss, scheint nicht nachvollziehbar.
Entgegen der Hongkong DVD von Universe kann man bei e-m-s Bestrebungen sehen, Bonusmaterial für den Film aufzutreiben. So gibt es neben den obligatorischen Originaltrailer und Originaltrailer (Deutsch) noch diverse Texte. Die Bio-/Filmographien zu Regisseur Masato Harada, Yuki Amami und Atsuro Watanabe bieten schon mal einen netten Einblick, wenn dieser auch nicht besonders tiefgehend ist. Hochinteressant ist derweil das Textinterview mit Masato Harada, der nicht nur über die Geschichte des Films und dessen Hintergründe, sondern auch seine Person einige Worte verliert. Sowohl das schön gestaltete Menü, wie auch die Extras sind anamorph auf die Disk gebannt, was einen ganzheitlichen Eindruck hinterlässt. Nicht so glücklich ist hingegen die geringe Zahl von Kapiteln bei einem längeren Film wie diesem – schön wäre derweil für Filmfreunde auch ein untertitelter Abspann gewesen.

Fazit:
Traumhafte Bilder und ein bezauberndes Szenario – bei der Handlung selbst ist Aufmerksamkeit gefordert !!!

© Heiko Henning
17.2.2005


Infos beim Vertrieb/Verlag:
http://www.e-m-s.de/dvd.php?name=115627 (externer Link!)




Letzte Aktualisierung: 31.10.2024, 13:52 Uhr
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